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Gesang aus dem „Bauchladen“

Sieglinde Schneider aus Kall leitet seit einem Jahr „Projektchor 70plus-minus“ – Chor für Menschen „um die 70“ in Evangelischer Kirchengemeinde Euskirchen – Mit Klang zu mehr Lebendigkeit

Euskirchen/Kall – „Froh zu sein Bedarf es wenig – und wer froh ist, ist ein König“, singen die Teilnehmer des Projektchors „70plus-minus“ in der Evangelischen Kirchengemeinde in Euskirchen durcheinander. Dabei gehen sie im Raum durcheinander, sie lachen sich an und untermalen ihren Gesang mit Gesten. Es ist die erste Aufwärmübung für die Chorstunde. „Um die Stimme im Alter zu pflegen, muss man lernen, ganzkörperlich mit ihr umzugehen, damit der Atem tiefer kommt“, erklärt Sieglinde Schneider, Chorleiterin und Sopranistin aus Kall.

Sieglinde Schneider, Sopranistin aus Kall, leitet seit einem Jahr den „Projektchor 70plus-minus“. Foto: Steffi Tucholke/pp/Agentur ProfiPress
Sieglinde Schneider, Sopranistin aus Kall, leitet seit einem Jahr den „Projektchor 70plus-minus“. Foto: Steffi Tucholke/pp/Agentur ProfiPress

„Man muss körperlich ackern“, sagt die ausgebildete Sängerin – aber der Spaß kommt dabei nicht zu kurz: Um den Körper vor dem Singen zu dehnen, müssen sich die singfreudigen Senioren nach oben strecken, um „Pflaumen“ aus der Luft zu pflücken und in einen „Korb“ am Boden zu legen. Danach werden Zischlaute geübt: „Wir wollen den Leuten unsere Laute aus dem Bauchladen anbieten“, erklärt Sieglinde Schneider und begleitet ihr Zischen mit einer Geste, als wolle sie es auf einem Silbertablett servieren.

Ein Jahr ist es her, dass die Kallerin den „Projektchor 70plus-minus“ ins Leben rief. Sechs Männer und Frauen „um die 70“ gehören momentan zum festen Stamm des Chors. Manche von ihnen haben früher im Kirchenchor gesungen, andere haben ihre Gesangserfahrung unter Ausschluss der Öffentlichkeit unter der Dusche gesammelt.

Zweimal im Monat trifft sich der Projektchor in den Räumen der Evangelischen Kirchengemeinde in Euskirchen. Foto: Steffi Tucholke/pp/Agentur ProfiPress
Zweimal im Monat trifft sich der Projektchor in den Räumen der Evangelischen Kirchengemeinde in Euskirchen. Foto: Steffi Tucholke/pp/Agentur ProfiPress

„Ich habe früher nie gesungen weil alle gesagt haben, ich würde sogar »ein Pferd kaputt singen«“, lacht Anna Prescha. Trotzdem meldete sie sich für den Projektchor und Sieglinde Schneider schaffte es, ihr „Potential heraus zu kitzeln“, erinnert sie sich. Sie habe damals zu tief gesungen und es sei gar nicht so einfach gewesen, diese Gewohnheit abzulegen. „Man muss die Scheu verlieren und endlich loslassen“, weiß Anna Prescha.

Elfriede Breuer wollte schon immer singen und dachte sich, im Chor würde sie nicht so auffallen. Heute improvisiert sie gerne eine zweite Stimme, setzt sich also wie im Kanongesang von der Gruppe ab. „Das erfordert am Anfang Mut, auch mal alleine zu singen und sich nicht hinter den anderen zu verstecken“, weiß auch Anna Prescha.

Von Scheu kann dagegen bei Günter Tiling keine Rede sein. Schon als Schüler habe er im Chor gesungen und später auch Theater gespielt. „Es macht mir Spaß, dass ich mit anderen zusammen singen und mich in der Gruppe entfalten kann“, erklärt er und fügt hinzu: „Da krieg‘ ich Stimmung – da werd‘ ich frei.“

Mit einer bunten Palette an Liedern pflegen die Sänger „um die 70“ ihre Stimmen und entwickeln ihren Klang. Foto: Steffi Tucholke/pp/Agentur ProfiPress
Mit einer bunten Palette an Liedern pflegen die Sänger „um die 70“ ihre Stimmen und entwickeln ihren Klang. Foto: Steffi Tucholke/pp/Agentur ProfiPress

Dennoch gab es auch für Günter Tiling eine Hemmschwelle: Der Projektchor 70plus-minus richtet sich an Senioren. „Ich war gerade 70 geworden, da musste ich mir erstmal eingestehen, dass ich zu dieser Gruppe dazugehöre“, erinnert er sich. Im Prinzip sei es ein Chor für „Menschen nach dem Arbeitsleben, die ihre neu gewonnene Freizeit vernünftig einbringen wollen“, so Tiling.

Sieglinde Schneider möchte ihren Sängern beibringen, über die Stimme ein angenehmes Gefühl zu erzeugen. Durch den ganzkörperlichen Gesangsunterricht erreiche man eine neue Vitalität, erklärt die Kallerin. Unter dem Titel „Stimme – Sprache – Ausdruck“ bietet sie in Kall Seminare an und hilft im Einzelcoaching, die Stimme als Ausdrucksmittel weiter zu entwickeln. „Jeder Mensch hat einen eigenen Stimmklang – und wir arbeiten daran, unseren zu finden“, beschreibt sie das Ziel des Projektchores.

Der Weg dorthin führt über eine ganze Palette von unterschiedlichen Liedern, die im Projektchor 70plus-minus eben nicht „nur“ gesungen, sondern auch erarbeitet werden. Sieglinde Schneider gibt immer wieder Tipps, um den Klang zu verbessern. Gesungen wird allerdings nur, was den Teilnehmern auch gefällt, gerne auch persönliche Lieblingslieder.

Zischlaute aus dem „Bauchladen“ servierten die Sänger bei ihren Stimmübungen. Foto: Steffi Tucholke/pp/Agentur ProfiPress
Zischlaute aus dem „Bauchladen“ servierten die Sänger bei ihren Stimmübungen. Foto: Steffi Tucholke/pp/Agentur ProfiPress

Zum Beispiel das norddeutsche Lied „Dat du min Leevsten büst“, das Volkslied „Es führt über den Main“ oder der Klassiker von Reinhard Mey „Über den Wolken“. Hinzu kommen auch Lieder aus anderen Kulturen. Und als die Gruppe gemeinsam das westafrikanische Lied „Yemaja“ anstimmt, sprüht ihr Klang nur so vor guter Laune. Elfriede Breuer: „Das Singen gibt mir mehr Lebendigkeit – und das wirkt sich auch aufs Privatleben aus.“

pp/Agentur ProfiPress

Infokasten:

Der „Projektchor 70plus-minus“ trifft sich jeden ersten und dritten Donnerstag im Monat von 10 bis 11.30 Uhr in der Evangelischen Kirchengemeinde Euskirchen, Kölner Straße 41, Gruppenraum 1.Die Kosten für Notenmaterial und professionelle Begleitung belaufen sich auf 25 Euro im Monat. Ansprechpartnerin ist Sieglinde Schneider unter Tel. 02441/776644 oder per E-Mail an sieglinde-schneider@t-online.de