Aktuelles

ProfiPress

Agentur für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, journalistische und redaktionelle Dienstleistungen.

Nachrichten

Exkursion in die eigene Heimat

Exkursion in die eigene Heimat
Kindergarten St. Johannes Baptist besucht mit Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick den jüdischen Friedhof im Steinrausch – Zur 700-Jahr-Feier ist ein kindgerechter illustrierter Mechernich-Führer geplant
Mechernich – Es gibt verschiedene Religionen, aber nur einen Himmel: Das war wohl die wichtigste Erkenntnis, die die Kinder des katholischen Kindergartens St. Johannes Baptist am Montag von ihrem Besuch auf dem jüdischen Friedhof von Mechernich, Im Steinrausch, wieder mit nach Hause nahmen.
Katholiken, Protestanten und Muslime waren fast allen “Pänz” aus dem eigenen Umfeld bekannt. Behutsam brachte ihnen Kindergartenleiterin Marlies Lottermoser näher, dass es früher eine große Bevölkerungsgruppe in Mechernich gab, die dem jüdischen Glauben angehörte und die heute völlig verschwunden ist.
Schwer vorstellbar für die Kids, zu denen sich bei ihrem Besuch auch Pressevertreter und Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick gesellten, dass “jüdische Menschen” von manchen anderen Mechernichern diskriminiert und verfolgt wurden. “Viele jüdische Menschen sind dann weggegangen”, sagte Marlies Lottermoser den Kindergartenkindern, ohne das volle Ausmaß des Schreckens nationalsozialistischer Judenvernichtung vor den Kindern auszubreiten.
Zaun und Gittertor
Auch heute gebe es noch immer Menschen, so Marlies Lottermoser, die selbst die Ruhestätten der ehedem jüdischen Mitbürger beschmierten und beschädigten. Deshalb müssten die jüdischen Friedhöfe, wie der Mechernicher, auch mit einem Zaun und Gittertor gegen unbefugten Zutritt geschützt werden.
Der Kindergarten St. Johannes Baptist befindet sich seit geraumer Zeit auf Exkursion durch Mechernich. Markante Punkte wie die Kirchen wurden bereits besucht. Jetzt war im Vorfeld der Toten-Gedenktage im November und des Jahrestages der Pogromnacht ein meditativer Besuch auf dem jüdischen Friedhof im Steinrausch an der Reihe.
Ziel der Exkursion ist es, dass die Kinder ihren Heimatort Mechernich besser kennen lernen. Und nebenbei soll mit Hilfe des Malers und Autodidakten Marcus Huppertz ein illustrierter kindgerechter Mechernicher-Führer herausgegeben werden. Und zwar pünktlich im Rahmen der 700-Jahr-Feier, die der Mechernicher Ortsvorsteher Günter Schulz und das Ortskartell für 2008 planen.
Das zum Judenfriedhof passende Motiv hatte Marcus Huppertz bereits im Vorfeld des Projektbesuchs am Montag gemalt. Der Bruder von Kindergartenleiterin Marlies Lottermoser hat das Friedhofstor mit seinem schmiedeisernen Gitter auf einer Pastellkreidezeichnung festgehalten. Insgesamt steuert Marcus Huppertz für das geplante Druckwerk nicht nur zehn markante Bilder verschiedener Mechernicher Sehenswürdigkeiten bei. Er macht auch mit den Kindern künstlerische Workshops und beteiligt sich an Projekten wie dem Besuch des Judenfriedhofs im Steinrausch.
Lichter aufgestellt
Marcus Huppertz kann nämlich nicht nur malen und zeichnen, sondern auch Gitarre spielen. Und so begleitete er die gottesdienstähnliche Aktion, während der die Kinder der toten jüdischen Mitbürger gedachten, Glaubenslieder sangen und selbst gebastelte Lichter zu den einzelnen Grabstellen im Steinrausch brachten.

Marlies Lottermoser sagte der Presse: “Im Rahmen der 700-Jahrfeier von Mechernich wird unsere katholische integrative Tageseinrichtung mehrere Angebote zum Thema “Der Ort Mechernich mit Kinderaugen betrachtet” durchführen. Die Kinder haben in den letzten Monaten schon mehrere kreative Angebote mit Marcus durchgeführt. Es sind viele, sehr schöne Bilder entstanden, die ja in einer Ausstellung und hoffentlich in einem Bilderbuch “Stadtrundführer für Kinder” zur Geltung kommen werden.”
Als eigenständiges größeres Projekt war jetzt der meditative Besuch auf dem jüdischen Friedhof im Steinrausch vorbereitet worden. Lottermoser: “Die Kinder kennen den Judenfriedhof aus der Sicht des Spielplatzes, der hinter dem Friedhof liegt.” Der Kindergarten St. Johannes Baptist widmet sich schon länger jeweils im November den Themen Friedhof, Tod und Trauer. Die Leiterin: “Wir versuchen schon seit Jahren, das in unsere religiöse Arbeit einfließen zu lassen. Kinder gehen mit Tod und Abschied viel offener und unkomplizierter um, als Erwachsene. Oft können Erwachsene von Kindern in diesen Bereichen eine Menge lernen.”
“Et Mittezöchelche”
Insgesamt soll die Aktion “Mechernich mit Kinderaugen” anlässlich der 700-Jahr-Feier im kommenden Jahr dazu dienen, dass die “Pänz” – zugezogene wie einheimische – ihren Heimatort besser kennen lernen. Zu den zehn Objekten, die Marcus Huppertz für den kindgerechten Mechernich-Führer malt, gehören nicht nur aktuelle Motive wie Aquarelle von der Alten Kirche und vom “Schwazze Boom”, sondern auch längst vergangene Impressionen wie eine Kohlezeichnung, die der Bonner Künstler anhand einer Fotografie aus dem Mechernicher Stadtarchiv von jener Kleinbahn angefertigt hat, die den Bergleuten früher das warme Mittagessen, die so genannte “Mitt” unter Tage brachte: “et Mittezöchelche”.
Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

25.10.2007