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Erstes Dampfpochwerk in Deutschland?

Peter-Lorenz Könen veröffentlicht neue Erkenntnisse zur Mechernicher Bergbaugeschichte

Von den Ausmaßen des Mechernicher Bleibergbaus kann man sich heute trotz Bergbaumuseum und Malakowturm kaum noch eine Vorstellung machen. Dieses historische Bild zeigt das Mechernicher „Königspochwerk“, zu seiner Zeit Europas größten Erzzerkleinerungsbetrieb. Dort wurden mit 265 von Dampfmaschinen angetriebenen Pochstempeln die über und unter Tage gewonnenen Knotten und Erzklumpen für die weitere Aufbereitung und Verhüttung zerstampft. Foto: Stadtarchiv Mechernich/pp/Agentur ProfiPress

Mechernich – Dass das so genannten „Königspochwerk“ in Mechernich einst Europas gigantischste Erzzerkleinerungsanlage war, galt seit Veröffentlichung der Artikelserie „Ende auf Spandau – 2000 Jahre Eifeler Bergbau“ 1997/98 im „Kölner Stadt-Anzeiger“ als bekannt. Die Erkenntnisse zum größten Pochwerk des Kontinents wie zu vielen anderen und zum Teil neu veröffentlichten Fakten dieser Serie des Redakteurs Manfred Lang stammten aus der Mechernicher Bergbauexpertenrunde um den Heimatforscher Anton Könen.

Dessen „Arbeitsgruppe Bergbaugeschichte“ existiert und recherchiert nach wie vor. Seit einigen Jahren gibt einer der Experten, Könens Sohn Peter-Lorenz Könen, hochinteressante „Informationsblätter zur Eifeler Bergbaugeschichte“ heraus. In einer der jüngsten Ausgaben lüftet Könen junior einen weiteren, bislang wenig bekannten Umstand zur Geschichte der Erzzerkleinerungsanlagen am Mechernicher Bleiberg.

Demnach stand – an die hundert Jahre vor Sprengung des späteren riesigen, aber veralteten Königspochwerks – bereits Deutschlands erstes dampfbetriebenes Pochwerk „auf Spandau“, wie das Mechernicher Bleibergwerk in Anlehnung an die preußische Festung und Strafanstalt nahe Berlin abschätzig genannt wurde. Peter-Lorenz Könen schreibt zu den diesbezüglichen Vermutungen in seinen „Informationsblättern zur Bergbaugeschichte“:

 „Waschanlagen und Pochwerke konnten nur produzieren, wenn Wasser in ausreichender Menge zur Verfügung stand. Die Pochwerke wurden bis ins 19. Jahrhundert durch Wasserkraft angetrieben.“ Stellte sich Wassermangel, etwa in trockenen Sommern, ein, konnte kein Erz zerkleinert und verhüttet werden.

1838 war im Kreise Schleiden ein solch trockenes Jahr. 1839 war es  nicht viel besser. Die Verantwortlichen in Hüttenwerken und Aufbereitungsanlagen dachten fieberhaft nach, wie man die Produktion von der aktuellen Wetterlage unabhängig betreiben könne.

Dann kam 1840, das dritte trockene Jahr in Folge. Die Produktion brach ein. Peter-Lorenz Könen zitiert das Fachmagazin „Der Bergwerksfreund“: „Einzig und allein diesem Umstande muß es zugeschrieben werden, daß die Produktionen in Eisen, Blei und Glasurerz die gewöhnliche Höhe nicht erreicht haben. Metallisches Blei ist höchstens 8000 Ctr., Glasurerz 40.000 Ctr. producirt worden“.

Bereits im Jahre 1839 wird die Grundlegung eines Dampfpochwerkes seitens der Bergwerks-Gesellschaft Schunk-Olligschläger angezeigt. Diese Dampfmaschine diente laut „Der Bergwerksfreund“ der Bewegung des „Oberen Jülicher Stollenpochwerkes“. Könen: „Die Dampfmaschine stammte aus der Maschinenfabrik S. Dobbs und C. Poensgen in Aachen.“ Sie wurde beschrieben „als solide Konstruktion, arbeitend mit einem Dampfdruck von 30 Pfd. auf den Quadratzoll; der Kessel ist von gehämmerten 2 Zoll dickem Eisen, gut 112 Fuß preußisch Länge und 2 Fuß Durchmesser.“

Im Euskirchener Kreisarchiv heißt es: „Am 30. April 1840 erfolgte das Gesuch auf das neue Pochwerk mit der 2 Pferdekraft starken Dampfmaschine an den Königl. Landrat, Herrn Grafen von Beissel, durch den Vertreter der Konzession Schunk-Olligschläger, Herrn Peipers.“ Das Gesuch wird am 1. Mai für vier Wochen zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Wenn keine Einwände eingereicht werden, kann die Genehmigung zum Betrieb erteilt werden.

Am 17. Juli 1840 ersuchte die Konzession Schunk-Olligschläger das Bergamt, eine Untersuchung zur Beurteilung der Zuverlässigkeit in polizeilicher Hinsicht „vornehmen zu wollen“, so Peter-Lorenz Könen: „Die Untersuchung verlief positiv. Dass ein solcher Neubau mit einer bisher noch nicht eingesetzten Technik nicht der Öffentlichkeit verborgen blieb, ist ohne Zweifel.“

DER BERGWERKSFREUND widmete diesem Vorgang im Dezember 1840 folgende Zeilen: „Als ein bemerkenswertes Ereignis beim Betriebe der Bleiberger Pochwerke ist die Einführung der Dampfkraft zur Bewegung der Pochwerke, durch die Erbauung einer Dampfmaschine von 2 Pferdekraft anzuführen. Die damit bis jetzt erlangten Resultate sind so befriedigend, daß das von einem Etablissement gegebene Beispiel bald auch bei den übrigen Nachahmung finden dürfte. Dadurch würde dem bisherigen Übel öfterer Betriebsunterbrechung wegen Mangels an hinreichender Wasserkraft zur Bewegung der Pochwerke eine sehr erwünschte Abhülfe verschafft.“ 

Die Betriebserlaubnis war noch nicht erteilt, die Anlage erst im Probelauf, so Könen, dennoch fanden sich euphorische wie auch lobende Worte für die Bereitwilligkeit der königlichen Hohen Bergwerks-Behörde in den Gazetten: „Denn durch die schätzbare Bereitwilligkeit der königl. Hohen Bergwerks-Behörde wurde es der gedachten Bergwerks-Sozietät möglich, noch vor vollständiger Erledigung sämtlicher gesetzlich vorgeschriebenen Prozeduren und Formalitäten und vor Eintritt des Winters, das Dampfpochwerk versuchsweise in Umtrieb setzen zu dürfen. Hierbei hat sich ergeben, daß der Effekt den Erwartungen der Herren Bergeigentümer genügend entsprochen hat.“

„Sowohl in staatswirtschaftlicher als auch privatlicher Hinsicht ist dieses Ereignis für den Kreis ein geschichtlich wichtiger Moment. Denn bei den geringen Betriebswassern konnte die Gesellschaft Schunk-Olligschläger kaum mehr als 1000 Karren Knotten – 20.000 Kubikfuß jährlich, verarbeiten. Jetzt mit Hülfe des Dampfpochwerkes kann sie pro Jahr sehr leicht ein Haufwerk von 75.000 Kubikfuß zur Aufbereitung bringen. Für die Folge wird daher diese Sozietät dreimal mehr Bergleute beschäftigen und in Verdienst setzen können.“

Sodann zitiert Peter-Lorenz Könen eine Ausgabe von „Der Bergfreund“ aus dem Jahre 1841 mit der Vermutung, dass das Mechernicher Dampfpochwerk das erste Deutschlands ist:  „Wir erlauben uns eine Parallele zwischen Sonst und Jetzt aufzustellen. Sonst, nämlich in der sogenannten Glanzperiode des Bleiberges, also in den Jahren 1800 – 1814, wo der Ctr. Glasurerz loco Hütte mehren teils mit 4 ½ Thlr. selbst 5 Thlr. willig bezahlt wurde, kostete eine Aktie in der Konzession Schunk-Olligschläger höchstens 600 Thlr. Später, besonders seit 1825 ist mehrmals der Fall vorgekommen, daß eine dergleichen Aktie mit 1800 Thlr. bezahlt wurde, und gleichwohl ist nach 1814 der Erzpreis durchschnittlich nur mit 2 Thlr. 15 Sgr. bis 2 Thlr. 20 Sgr. pro Ctr. notirt worden. Selbstredend stellt sich somit heraus, daß die Actien in eben genannten Konzessionen bei der bevorstehenden Anwendung der Dampfkraft, folglich auch größeren Produktion des Fabrikats, noch merklich höher steigen werden. – Soviel uns bekannt geworden, ist dies das erste und zur Zeit einzige Dampfpochwerk in Deutschland.“

Die Berechtigung zum Betrieb des Dampfpochwerks wurde übrigens am 17.Juni 1841 vom Königlichen Finanzministerium, Abteilung für das Bergwerks-, Hütten– und Salinenwesen, erteilt. Einen entsprechenden Hinweis fand Könen im Amtsblatt Aachen, Nr.552, 1841.

 pp/Agentur ProfiPress