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Ein Edeltechniker aus Euskirchen

Veranstaltung der Lit.Eifel und des Literaturhauses Nettersheim in Marmagen – Frank Steffan präsentierte seinen Dokumentarfilm „Heinz Flohe – Der mit dem Ball tanzte“ – Kapitän beim Kölner Doublegewinn 1978

Nettersheim-Marmagen – Eine Anekdote zu Heinz Flohe? Die hat offenbar fast jeder im Saal des Eifeler Hofs. Event-Manager Dieter Klinkhammer hat damals mit ihm zusammen Fußball gespielt. Und auch Jochen Starke vom Literaturhaus Nettersheim, gemeinsam mit der Lit.Eifel Veranstalter des Abends mit Autor und Dokumentarfilmer Frank Steffan, hatte eine Episode über und mit „Flocke“ parat.

Der Autor und Dokumentarfilmer Frank Steffan präsentierte im Eifeler Hof in Marmagen im Rahmen der Lit.Eifel den Film „Heinz Flohe – Der mit dem Ball tanzte“. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

Kurze Zeit, bevor Flohe im Jahr 2010 ins Koma gefallen war, aus dem er nie wieder erwachen sollte, hatte ein Erdbeben Chile schwer getroffen. Weil in Nettersheim chilenische Auswanderer leben, hatten sich in der Gemeinde schnell Menschen zusammengetan, die helfen wollten. Und als Schirmherr konnte der Euskirchener Heinz Flohe gewonnen werden. „Wir hatten dann einen Live-Stream nach Chile und die waren überrascht, mit wem sie sich da unterhielten, denn sie kannten den einstigen Nationalspieler“, erinnert sich Starke.

Trotz stellenweise rutschiger Straßen waren rund 40 Gäste, darunter auch der allgemeine Vertreter des Landrats, Manfred Poth, ins verschneite Marmagen gekommen, um sich auf eine fußballhistorische Zeitreise zu begeben. Der Autor und Dokumentarfilmer Frank Steffan hat mit Heinz Flohe einen der herausragendsten Spieler des 1. FC Köln, Kapitän der Double-Gewinner-Mannschaft 1978, einen der versiertesten Techniker, den der deutsche Fußball je gesehen hat, porträtiert und ihm mit „Heinz Flohe – Der mit dem Ball tanzte“ ein literarisches und filmisches, vor allem aber ein äußerst würdiges Denkmal gesetzt.

Jochen Starke vom Mitveranstalter, dem Literaturhaus Nettersheim, begrüßte rund 40 Gäste im Eifeler Hof in Marmagen. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

Wichtig war es für Frank Steffan, so der Autor in einer kurzen Lesung, die dem 104-minütigen Film vorausging, Flohe wieder ins Bewusstsein der Menschen zu rücken. „Wie kann es sein, dass er fast vergessen ist?“, fragte er zurecht. Heutzutage, kommt Steffan zu dem Schluss, wäre Flohe ein Hit bei YouTube, von dem es zahlreiche Zusammenstellungen seiner besten Tricks gäbe. Und es gibt nicht wenige, die den „Floh“ Lionel Messi mit dem Flohe vergleichen. Denn der fünfmalige Weltfußballer aus Argentinien sprintet ebenso leichtfüßig durch die gegnerischen Abwehrreihen und hat ebenfalls eine umwerfende Technik.

Ein Leben im Konjunktiv

Steffan begibt sich aber auch auf Ursachenforschung, warum einem heute, wenn man über die genialen Kicker der 70er-Jahre redet, die Namen Beckenbauer, Overath, Müller und Netzer in den Sinn kommen. Zum einen sei Flohe oft zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Da geht es um ein Leben im Konjunktiv. Hätte Uli Hoeneß im EM-Finale 1976 gegen die CSSR den Elfmeter nicht in den Belgrader Nachthimmel geschossen, wäre Flohe ein Held gewesen, weil er in der zweiten Halbzeit die deutsche Elf angetrieben hat. Wäre Flohes Distanzschuss im DFB-Pokalfinale 1973 gegen Borussia Mönchengladbach nicht gegen die Latte, sondern ins Tor gegangen, wäre Flohe schon damals Pokalsieger gewesen. Stattdessen wurde Günter Netzer zur Legende: Er wechselte sich in der Verlängerung selber ein und schoss das entscheidende Tor für Mönchengladbach.

Heimspiel für den allgemeinen Vertreter des Euskirchener Landrats: Manfred Poth richtete ebenfalls ein paar Worte an die Gäste und outete sich als Fan von Borussia Dortmund. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

Darüber hinaus war Flohe unglaublich medienscheu. Ein Beleg im Film war der Sportstudio-Auftritt des Euskircheners im April 1973, bei dem Flohe druckste, verkrampfte und kürzeste Antworten gab. Danach schlug er sämtliche Einzeleinladungen aus.

Im Film lässt Frank Steffan viele Weggefährten des genialen Mittelfeldtechnikers zu Wort kommen. Kindheitsfreunde aus Euskirchener Tagen wie Werner Schaffrath, Kölner Mitspieler wie Wolfgang Overath und Jupp Kapellmann, Nationalmannschaftskollegen wie Günter Netzer und Jupp Heynckes, Miljögrößen wie der „Lange Tünn“ und auch spätere Kollegen und Freunde wie Stephan Engels. Auch Flohes Sohn Nino wurde interviewt – und offenbarte eine elementare Angst vor Trainer Hennes Weisweiler.

Heinz Flohe konnte auch feiern, wie der im Rahmen der Lit.Eifel gezeigte Film zeigte. Hier stößt er, die Krawatte um den Kopf gebunden, mit Gerd Müller nach dem WM-Sieg 1974 an. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

Was allen gemein ist, ist die Verehrung des Spielers und des Menschen Heinz Flohe. „Flocke war immer korrekt. Ich habe in den ganzen Jahren niemals gehört, dass er irgendwas hintenrum gemacht hat“, berichtete Wolfgang Overath. Und Jupp Heynckes staunte wohl öfter Bauklötze ob der technischen Fähigkeiten des Nationalmannschaftskollegen. „Was ist das? Das kennen wir noch gar nicht. Flocke war ein Artist, das war fast ein Brasilianer.“

Frank Steffan hatte das Ziel, mit Film und Buch Heinz Flohe den Stellenwert zu verschaffen, den er verdient hat. Das ist ihm meisterhaft gelungen, wie sich die Besucher einig waren und lange Applaus spendeten. Wer den Film auch sehen möchte: Am 28. Januar wird er im Kino in Flohes Heimatstadt Euskirchen gezeigt. An dem Tag wäre der Jahrhundertfußballer Heinz Flohe 70 Jahre alt geworden.

pp/Agentur ProfiPress