„Der Himmel über ihr war offen“
Pilgerfahrt zur Muttergottes, Stern des Meeres, in Maastricht und zu wichtigen Orten in der Berufungsgeschichte der Mechernicher Communio-in-Christo-Gründerin Mutter Marie Therese
Mechernich/Maastricht/Valkenburg – Auf den Spuren Mutter Marie Thereses, von der Wiege bis zur Bahre, allerdings in umgekehrter Reihenfolge, wandelten am letzten Maiwochenende 40 Pilger aus der Eifel, Afrika und Asien.
Unter der Leitung von Schwester Lidwina und Pater Rudolf Ammann von der Communio in Christo besuchte die bunt gemischte Gruppe aus Deutschen, Nigerianern, Indern und Chinesen die wichtigsten Andachtsstätten in den Niederlanden, die in der Berufungsgeschichte der späteren Ordensgründerin mit Mädchennamen Josephina Theresia Linssen eine Rolle spielten.
In Oud Valkenburg, einem kleinen Dorf in der niederländischen Provinz Limburg, war die kleine Josephina Theresia am 22. März 1927, nur einen Tag nach ihrer Geburt in der Pfarrkirche Johannes Baptist getauft worden.
In der H.H. Nicolaas en Barbarakerk im benachbarten Städtchen Valkenburg hatte die spätere, mit außerordentlichem Gründungscharisma beschenkte Mystikerin als Zwölfjährige eine Schau in das Wunder der Eucharistie und die Heiligkeit des sakramentalen Priestertums.
Auch das frühere Wohnhaus der Familie Linssen genau gegenüber der Valkenburger Stadt-Pfarrkirche wurde besucht. Dort betrieb Josephina Theresia Linssen neben ihrem sich entfaltenden geistlichen Leben zunächst als erfolgreiche Lehrerin und Unternehmerin eine von zwei privaten Näh- und Haushaltsschulen.
Taufgnade, Wunder der Eucharistie und Gelübde vor der „Stella Maris“
Die Mechernicher Wallfahrergruppe besuchte zunächst die Liebfrauenbasilika von Maastricht und das Gnadenbild der Stella Maris, „Onze lieve Vrouw, Sterre der Zee“, vor dem Mutter Marie Therese am 15. August 1946 ihr Leben Gott geweiht und sich vorgenommen hatte, ihren Beitrag zum Heil der Menschheit und zur Heiligung der Priester zu leisten.
Mit der besonderen Taufgnade in Oud Valkenburg ausgestattet und mit der eucharistischen Sicht in Valkenburg bestärkt, ging die spätere Mutter Marie Therese von diesem Tag an vor dem Gnadenbild in Maastricht einen konsequent geistlichen Weg. „Hier vor diesem Gnadenbild, öffnete sich der 19jährigen der Himmel über ihr“, so Pater Ammann in seiner Predigt: „Hier hat die spätere Mutter Marie Therese ihr Leben geöffnet für den Einbruch Gottes.“
Doch der stürzte sie, wie Schwester Lidwina an den einzelnen Stationen rekapitulierte, zunächst in die Verzweiflung der Gottesferne (Nacht der Sinne, Nacht des Geistes), dann aber nach Jahrzehnten in die Erleuchtung und Verbindung („Unio Mystica“) ihres Geistes mit dem Heiligen Geist.
Selbst zu einem leeren Gefäß geworden, gründete Mutter Marie Therese schließlich in Mechernich sechs Unio-Gemeinschaften und hervorragende soziale Einrichtungen. Diese Gründungen fanden auf Drängen Gottes ihren Zusammenschluss in der am 8. Dezember 1984 als Orden gegründeten geistlichen Gemeinschaft Communio in Christo.
Das Programm der Pilgerfahrt war bunt und lebendig. Gebet, Eucharistie und Einkehr spielten eine ebenso große Rolle wie interessante Vorträge und Besichtigungen sowie gesellige Momente beim Mittagessen oder beim Stadtbummel durch Maastricht.
Spiritueller Höhepunkt war die Heilige Messe in der Krypta der Liebfrauenbasilika, die von vier Priestern aus vier Nationen zelebriert wurde, nämlich dem deutschen bei der Communio assoziierten Schönstatt-Pater Rudolf Ammann, dem aus Indien für zwei Jahre zur Communio delegierten Father Robert Ennavila, dem Chinesen Father Thaddaus Gao und dem nigerianischen Schönstatt-Pater Stanley Ekwugha.
Zuvor hatten die Gläubigen aus Mechernich und ihre Gäste vor dem Gnadenbild der „Maria, Sterre der Zee“ mit Schwester Lidwina ein Gesätz des freudenreichen Rosenkranzes gebetet. Weitere Gesätze beteten die Pilger in Andachten in Valkenburg und Oud- Valkenburg.
Die Maastrichter Muttergottes mit dem göttlichen Kind, die als Zeichen der Verbindung zweier wichtiger Orte im Leben der Gründerin Mutter Marie Therese 2013 zum zehnjährigen Bestehen des nach ihr benannten neuen Hospizes „Stella Maris“ erstmals außerhalb der Niederlande in Mechernich auf Besuch war, wird abwechselnd mit schönen Mänteln angezogen.
Die Gnadenkapelle neben der Liebfrauenbasilika ist der größte Marienwallfahrtsort der Niederlande, so Schwester Lidwina: „Papst Johannes Paul II. war 1987 hier. In der Gnadenkapelle erinnert eine Votivtafel an diesen Besuch. In der Sakramentskapelle der Basilika ist noch der Betstuhl, den der Papst benutzte, und auf der linken Seite der Basilika der zweite Beichtstuhl, in dem Josephina Theresia Linssen das Bußsakrament zu empfangen pflegte.“
„Stern des Meeres, Mutter der Hilfe und Orientierung“
Hauptzelebrant Rudolf Ammann stellte in der Krypta der Maastrichter Liebfrauenbasilika das Gnadenbild der „Stella Maris“ in den Mittelpunkt seiner Predigt, vor dem Mutter Marie Therese vermutlich den entscheidenden Impuls empfing, sich und ihre Existenz ganz in die Hand Gottes zu geben. Auch die Pilger aus Mechernich hätten ihre Anliegen und Bitten, ihre Hoffnung und ihre Trostbedürftigkeit mit vor das Angesicht der Gottesmutter Maria gebracht, so Ammann.
Die Mutter der Hilfe und des Trostes sei aber in ihrer Ausprägung als „Stern des Meeres“ auch ein Synonym für Orientierung und Halt in rauer See: „Seeleute richten sich nach den Sternen, sie geben ihnen Orientierung, wenn das Meer aufgewühlt und bedrohlich ist und sie zu verschlingen droht“.
Pilger kämen zur „Stella Maris“ nach Maastricht und andernorts, um Orientierung auch im übertragenen Sinne zu finden in den vom Sturm umtobten Phasen ihres Lebens, wenn ihre Existenz oder ihr geistliches Leben Schiffbruch zu erleiden drohten. Ammann: „Mutter Marie Therese hat sich hier ganz Gott überlassen und ihn gebeten, ihr Leben zu führen.“
Der bei der Communio in Christo assoziierte Schönstatt-Pater lud seine Mitpilger ein: „Lassen wir uns von Maria an die Hand nehmen und wir werden ein Leben voller Überraschungen führen, wenn Gott uns führt.“ Vor dem Gnadenbild habe sich die 19jährige Josephina Theresia Linssen 1946 vermutlich nicht – „auch nicht in ihren schlimmsten und großartigsten Träumen“ vorstellen können, dass sie ihrem Erlöser begegnen würde. Christus selbst, der Heilige Geist, sei „in ihr Leben eingebrochen“.
Als die spätere Mutter Marie Therese ihr „Fiat“ („Es geschehe“) gesprochen und Gehorsam gelobt hatte, habe sie sie praktisch zu Gott gesagt: „Mach Du es. Führe mich!“ So sei die „Maria, Sterre der Zee“ für Mutter Marie Therese die Mutter des Trostes, der Hilfe, der Orientierung und der göttlichen Führung geworden.
„Vor uns kamen Deutsche, die mit Stiefeln alles niedertrampelten“
Pater Ammann erklärte die Gottesmutter Maria, wie sie im Gnadenbild von Maastricht vorgestellt werde, auch zur „Mutter der Freiheit und der Versöhnung“: „Von hier aus ist die Befreiung von jenen ausgegangen, die das Recht und das Leben dieses Volkes mit ihren Knobelbechern und Stiefeln niedergetreten hatten – und zwar am 5. Mai 1945, drei Tage vor der deutschen Kapitulation.“
„So friedlich, wie wir heute hierhin gekommen sind, um zu beten, innezuhalten und Eucharistie zu feiern, so sind schon einmal Deutsche in Maastricht und Valkenburg eingefallen und sie haben Mord und Totschlag in die Familien getragen.“ Damit spielte Pater Ammann möglicherweise auf Mutter Marie Thereses Pflegebruder Wim Robben an, dessen Mutter unter den Nazis umkam, und der selbst zunächst zum Deutschen-Hasser wurde.
Mutter Marie Therese aber habe es vom Gnadenbild der „Mutter der Barmherzigkeit und der Königin des Friedens“ aus mit unsichtbarer Hand aus dem Land der Unterdrückten in das Land der ehemaligen Unterdrücker gezogen, um in Deutschland Wunderbares zu tun und auszusöhnen und auszugleichen und von deutschem Boden aus auch Gutes für die Angehörigen anderer ehedem von Nazis unterjochter Völker. Deshalb habe die Gründerin schon lange vor dem Fall des Eisernen Vorhangs von Mechernich aus Hilfsaktionen für Christen in Polen gestartet.
„Maria ist die Mutter des Trostes und der Hilfe, der Orientierung und göttlichen Führung, aber sie ist auch die Frau der Freiheit und der Versöhnung“, schloss Pater Rudolf Ammann seine sehr bewegende Predigt. Für Musik während der Messe sorgten die Organistin Bianca Zirks und ein kleines Ensemble von Landsleuten, drei Ordensschwestern und einem Seminaristen, um den chinesischen Priester Thaddaus Gao aus Sankt Augustin.
pp/Agentur ProfiPress