„Der erste Schritt“ auf dem Weg aus der Sucht
Expandierende Mechernicher Selbsthilfegruppe gegen Alkohol-, Drogen- und Medikamentenabhängigkeit firmiert um und geht neue visionäre Wege – Zahl der mehrfach Abhängigen steigt, Kinder und Jugendliche gehen immer früher in die Suchtfalle – Hilfe wird jederzeit geboten, dem, der sie annehmen will – Gruppenabende donnerstags um 19 Uhr im Mechernicher Johanneshaus – Kontakttelefon und E-Mail – Ein Bericht für die KirchenZeitung, Bistum Aachen
Mechernich – Auch die weiteste Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Folgerichtig hat sich eine „neue“ alte Selbsthilfegruppe in Mechernich auch so genannt, die Menschen auf ihrem Weg aus der Abhängigkeit von Alkohol, Drogen und Medikamenten hilft.
„Der erste Schritt e.V.“ stellte sich jetzt im Mechernicher Johanneshaus gemeinsam mit dem Mechernicher Pfarrer und Eifeldekan Erik Pühringer vor. Dabei wurde auch rasch klar, dass die Selbsthilfegruppe zwar ein neuer eingetragener Verein ist, aber seine 48 Mitglieder aus der früheren Mechernicher Gruppe des Kreuzbundes kommen.
Alle ohne Ausnahme wollen ohne diesen bundesweiten Verband eigene Wege gehen, dem die Mechernicher Gruppe seit ihrer Gründung 1991 durch Robert Helm, Albert Krämer, Matthias Manstein und Matthias Hermes angehört hatte.
„Wir sind ohne Krach auseinander gegangen“, berichtete Willi Floß, der alte und neue Vorsitzende, im Pressegespräch. Doch das neue Konzept beinhalte viel Weiterbildung und Veränderungen, für die die Strukturen des Kreuzbundes nicht geschaffen seien.
Von den 48 Mitgliedern sind sechs eigens geschulte Gruppenleiter. Die Ausbildung nimmt zwei bis drei Jahre in Anspruch. Außerdem gibt es eine Supervision durch den katholischen Caritasverband, in dem die Selbsthilfearbeit in den beiden Mechernicher Gruppen begleitet wird. Dekan Pühringer: „Beide Gruppen treffen sich donnerstags zeitgleich um 19 Uhr im Mechernicher Johanneshaus in zwei unterschiedlichen Räumen.“
E-Mail der-erste-schritt-mechernich@gmx.de oder Handy, Tel.-Nr. 0 15 73/79 222 19
Eine der beiden Gruppen wird (noch) von Willi Floß geleitet, die zweite von Lydia Müller, die auch zweite stellvertretende Vorsitzende des neuen Vereins „Der erste Schritt“ (E-Mail der-erste-schritt-mechernich@gmx.de) ist. „Wir wollen Ämterhäufig vermeiden“, erklärte Vorsitzender Willi Floß der Presse, weshalb er die Gruppenleitung womöglich abgeben werde: „Wir haben ja noch vier weitere ausgebildete Gruppenleiter.“
Einer davon ist Lutz Ellenberger, der erste stellvertretende Vorsitzende im neuen Vorstand. Geschäftsführer bei „Der erste Schritt“ ist Konrad Etzbauer, in Personalunion mit dem Kassierer-Amt. Schriftführer sind Heinz Heletta und Margarete Valder (Stellvertretung). Das Bereitschaftshandy hat die Tel.-Nr. 01573/79 222 19. Dort erreicht man jederzeit eines der Vorstandsmitglieder. Man kann auch über E-Mail Kontakt aufnehmen oder donnerstags um 19 Uhr direkt in die Gruppenstunden kommen, wenn man Hilfe braucht.
Themen bei den Gruppenabenden sind nicht nur die Suchtmittel und die mit der Abhängigkeit verbundenen Probleme, sondern auch Alltagsprobleme wie Familie, Partnerschaft, Behördengänge und Arbeitssuche oder existenzielle Fragen wie Loslassen, Konflikte, Tod und Sterben. Erik Pühringer: „Der erste Schritt heißt: Ich trenne mich vom Alkohol. Damit ist auch der zweite Schritte verbunden: Ich muss mein Leben neu organisieren.“
Depression und Sucht stehen in einem engen Zusammenhang, so Lydia Müller. Wobei man oft nicht genau einschätzen kann, wer von beidem das jeweils andere ausgelöst haben könnte. Willi Floß: „Auch die Zahl derjenigen steigt dramatisch, die gleichzeitig alkohol-, drogen- und medikamentenabhängig sind, so genannte Poly-Abhängige.“ Auch dem wolle sich „Der erste Schritt“ mit flexiblen und zugleich visionären Konzepten stellen.
Selbsthilfe für Familienangehörige, Hilfe für abhängige Kinder und Jugendliche
Die Gründung einer Selbsthilfegruppe für Familienangehörige ist der nächste Schritt. Auch wollen die Frauen und Männer von „Der erste Schritt“ versuchen, an die steigende Zahl von Jugendlichen heranzukommen, die immer früher in die Abhängigkeit schlittern.
2016 soll der 25. Gründungstag der Mechernicher Selbsthilfe groß gefeiert werden. „Wir wollen mit der Neuaufstellung zukunftsfähiger werden“, sagte Willi Floß der Presse: „Die Bad Münstereifeler Kreuzbund-Gruppe, aus der die Mechernicher Selbsthilfe hervorgegangen ist, wurde inzwischen aufgelöst.“ Stellvertretender Vorsitzender Lutz Ellenberger: „Auch das ist mit ein Grund, warum wir eigene Wege gehen ohne in festgefahrenen und zum Teil überholten Strukturen zu verharren, die wie mit Draht geflochtene Zöpfe sind, die man gar nicht abschneiden kann.“
Der Lohn für die Mechernicher Selbsthilfe ist laufender Zuwachs. „Es spricht sich rum, wenn irgendwo gute Arbeit geleistet wird“, so Vorsitzender Willi Floß. Die 48 Mitglieder kommen folgerichtig auch keineswegs nur aus dem Stadtgebiet Mechernich, sondern von weit her.
„Viele meinen am Anfang, es sei besser, wenn sie weiter von zu Hause und vermeintlich »unerkannt« zur Abhängigen-Selbsthilfe gingen“, so Lutz Ellenberger. „Aber das legt sich“, berichtet Willi Floß, der sich seine Abhängigkeit 2000 eingestand und sich von Franz Simberg helfen ließ. „Der erste Schritt“ sei tatsächlich das Eingeständnis vor sich selbst, dass man von einem Suchtstoff abhängig geworden ist.
Die Hilfe, die sich die 48 Angehörigen von „Der erste Schritt“ gegenseitig geben, beschränkt sich keineswegs auf die Gruppenabende donnerstags von 19 bis 21 Uhr im Johanneshaus. „Wir sind immer füreinander da“, heißt es kategorisch und konsequent in einer Presseerklärung, die Willi Floß den Medienvertretern übergab. Probleme des Einzelnen werden dann mit Unterstützung angegangen, Helfer und Hilfsbedürftige suchen gemeinsam nach einer Lösung.
„Wer Hilfe sucht und bereit ist, Hilfe anzunehmen, ist bei uns stets herzlich willkommen“, heißt es weiter. Und: „Unser Ziel ist eine zufriedene Abstinenz.“
Besonderer Dank der Vereinsführung beim Pressetermin galt der katholischen Kirche. „Wir arbeiten auch weiterhin im christlichen Sinne“, sagte Willi Floß und dankte Dekan Pühringer für die auch in Zukunft gewährte Gastfreundschaft im Johanneshaus direkt neben der Pfarrkirche St. Johannes Baptist.
Betont wurde auch die enge und gute Zusammenarbeit der Mechernicher Selbsthilfegruppe mit der Entgiftungsstation in Hoven, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, dem Kreisgesundheitsamt und der Caritas.
pp/Agentur ProfiPress