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Buschs Tierleben

Wolfgang Böhme zeigte seinen Verwandten Wilhelm Busch mit allen Facetten – Lit.Eifel-Abend im Gasthaus Prinz in Mutscheid – Busch der Lyriker, Prosaist, Maler und Philosoph

Bad Münstereifel-Mutscheid – Sie haben nicht nur die Initialen gemeinsam: WB liest WB, Wolfgang Böhme liest Wilhelm Busch. Nein, der ehemalige stellvertretende Direktor des Museums Koenig in Bonn, einer der führenden Herpetologen (Lehre der Amphibien und Reptilien) Deutschlands, ist auch familiär verbunden mit dem großen Dichter. Busch selbst hatte zwar keine Nachfahren, aber Böhme ist mütterlicherseits mit Buschs Schwester Fanny verwandt.

Der Lit.Eifel war es gelungen, diesen ausgewiesenen Experten nicht nur für Lurche und Kriechtiere, sondern auch für seinen berühmten Ahnen, für die sechste Spielzeit zu gewinnen. Im Gasthaus Prinz in Mutscheid ließ er die neugierigen Zuschauer teilhaben am Werk Wilhelm Buschs und stellte dabei Facetten des Dichters vor, die weit über sein berühmtestes Werk „Max und Moritz“ hinausgehen.

Professor Wolfgang Böhme, ehemaliger Vizedirektor des Museums Koenig, betrachtete für die Lit.Eifel in Mutscheid seinen entfernten Verwandten Wilhelm Busch in allen Facetten. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

Zwar gilt Busch als einer der Urväter des heutigen Comics (zu dieser Erkenntnis kommt unter anderem Andreas C. Knigge, der im Rahmen der Lit.Eifel 2017 einen Einblick in die Welt der Comics und Graphic Novels gab und dabei Busch nicht unerwähnt ließ), aber nur die wenigsten wissen, dass es neben dem Dichter Busch auch den Prosaisten, den Maler und den Philosophen Wilhelm Busch gab.

Der gebürtige Kieler Böhme, zwar seit vielen Jahren im Rheinland lebhaft, verheiratet mit einer aus Simmerath stammenden Frau, trug deshalb mit hörbarem hanseatischen Akzent, Gedichte und Texte aus Buschs Schaffen vor – Werke, die zeigten, dass der große deutsche Lyriker ein scharfer Beobachter, ein Philosoph der Dinge des täglichen Lebens war, die er mit spitzer Feder, scharfzüngig, bissig, aber stets mit einer großen Portion Humor zu Papier brachte.

Wolfgang Böhme zeigte, dass Wilhelm Busch mehr war, als der Erfinder von Max und Moritz. Natürlich kamen die berühmten Lausebengel in seiner Betrachtung auch vor. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

Wolfgang Böhme, freundlich empfangen und begrüßt von Bad Münstereifels Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian, gelang es spielend, dem Publikum den Poeten in seiner ganzen Bandbreite vorzustellen. Mit „Balduin Bählamm, der verhinderte Dichter“ begann Böhme seinen netto anderthalbstündigen Abend und widmete sich Buschs Gedanken über das Dichten, die er mit „Oh wie beglückt ist doch ein Mann, wenn er Gedichte machen kann“ abschloss. Direkt im Anschluss zeigte Böhme, dass Busch ein wahrer Wort- und Sprachakrobat war, der selbst in Kindersprache und falschem Deutsch dichten konnte, aber auch den epischen Hexameter beherrschte, laut Böhme die „elaborierteste Ausdrucksform“.

„Verprömmelte Unterflügel“

In der ersten Hälfte widmete sich der Zoologe Böhme ganz dem zoologischen Wissen Buschs, dargestellt in unzähligen Werken über Tiere, und das nicht ausschließlich Gedichte, sondern auch Prosawerke wie das über den Maikäfer, der trotz seiner „verprömmelten Unterflügel“ einen rasanten Flug hinlegt. „Busch hat das komplizierte Wechselgeflecht der Natur draufgehabt“, meint Böhme salopp und lobt seinen Verwandten als genauen Beobachter der Umwelt, aber auch als jemanden, der Brehms Tierleben genauestens studiert, sogar Formulierungen daraus übernommen hat.

Manchmal, da wird die Natur auch sprachkünstlerisch abgewandelt, wenn etwa eine Rose eine Trinkernase symbolisiert, deren Stachel nicht pieksen, sondern höchstens kitzeln. Urkomisch auch das Huhn, das bei jedem gelegten Ei „Viktoria!“ ruft, oder der Maulwurf, der wie ein eitler Fatzke jedem seine Kleidung zeigen will und dabei seinen sicheren Tunnel verlässt – mit vorhersehbarem Ende.

Bad Münstereifels Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian eröffnete den Lit.Eifel-Abend im Gasthaus Prinz in Mutscheid. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

Ja, sie haben oft recht menschliche Züge, die Tiere Wilhelm Buschs. Besonders deutlich wird das im zweiten Teil des Abends, als sich Böhme Buschs Arbeiten über Darwinismus und Philosophie widmet. Da wird der Affe zum Menschen und letzterer begreift in seiner Arroganz und Affektiertheit nicht, wie viel tierische, im wahrsten Sinne des Wortes affige Verhaltensweisen er noch an den Tag legt.

Dass Wilhelm Busch ein brillanter Zeichner war, der seine Geschichten gerne illustrierte, ist bekannt. Doch er war auch ein Maler, dessen Werke, oft Ölgemälde, sich am Ausdruck der großen holländischen Künstler orientierte. Natürlich widmete er sich dieser Berufung auch lyrisch, etwa in der Bildergeschichte vom Maler Klecksel und dem Gedicht „Sahst du das wunderbare Bild von Brouwer?“

Einer anderen Kunstform stand Busch kritischer gegenüber: der Musik. „Damit stand er auf Kriegsfuß“, meinte Böhme. Aber auch das schwierige Verhältnis des Dichters zum Klerus sparte der Bonner Böhme nicht aus. Brandaktuell auch Buschs Text, in dem er sich mit dem Gutmenschentum auseinandersetzt – ein Begriff, der heutzutage zum Schimpfwort verkommen ist. Schon damals spottete Busch über jene, die wahrlich gute Menschen nicht erkennen, sich selbst aber trotz aller Mängel als gute Menschen bezeichnen. Damit war der Lyriker seiner Zeit weit voraus.

pp/Agentur ProfiPress