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Bürgermeister gratuliert zum 100. Geburtstag

Ordensschwester Anna-Maria Roggendorf aus Mechernich feierte im Kloster Aspel am Niederrhein – „Irma Bananas“ Herz ist in Brasilien geblieben

Aus Mechernich ins Kloster Aspel der „Töchter vom Heiligen Kreuz“ (Filia Crucis) in Rees am Niederrhein eigens angereist war Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick. Er überbrachte Schwester Anna-Maria Roggendorf zu ihrem 100. Geburtstag heute die Glückwünsche der Stadt am Bleiberg und ihrer Bürger. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Mechernich/Rees – Gleich zwei Bürgermeister, nämlich die aus Mechernich und Rees, knapp hundert Ordensschwestern, Priester, Freunde, Nichten und Neffen aus der Eifel und vom Rhein machten Schwester Anna-Maria Roggendorf heute ihre Aufwartung. Die rüstige Ex-Missionarin in Brasilien feierte ihren 100. Geburtstag im Kloster Aspel der „Töchter vom Heiligen Kreuz“ in Rees am Niederrhein.

Keck und ein bisschen frech kommentierte sie die Gratulationswünsche ihrer Gäste. Den Wunsch, „noch ein paar gute Jahre zu haben“ wies sie beispielsweise mit einem Augenzwinkern zurück: „Ich hatte so viele gute Jahre – noch mehr will ich gar nicht.“

Anna-Maria Roggendorf erwies sich als geistig und körperlich noch erstaunlich fit. Die Gratulationen ihrer Gäste kommentierte sie launig und humorvoll. Hier hält sie das Baby einer Gratulantin auf dem Schoß. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Pater Thomas van Xanten sagte während der Heiligen Messe zu Beginn der Geburtstagsfeierlichkeiten: „Sie ist jetzt hier bei uns am Niederrhein und damit relativ gesehen wieder näher an ihrem Geburts- und Heimatort Mechernich, aber ihr Herz ist in Brasilien geblieben.“

Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick war eigens mit dem Mechernicher Diakon Manfred Lang zur Gratulation nach Rees gefahren, um die Glückwünsche der Stadt Mechernich und ihrer Bürger und der Christengemeinden zu überbringen. „Sie sind eine ganz außergewöhnliche Frau aus einer ganz außergewöhnlichen Mechernicher Familie“, sagte der erste Bürger.

Schwester Anna Maria  (Jahrgang 1914) ist die letzte von drei Ordensschwestern aus der achtköpfigen Kinderschar des Mechernicher Ingenieurs und Heimatforschers Hubert Roggendorf und seiner Frau, der Modistin Anna Krischer. Zwei Schwestern gingen nach Indien, eine, nämlich Anna-Maria, nach Brasilien.

Auch Josef Roggendorf (1908-1982), das älteste der Kinder, war Jesuit, Wissenschaftler und Missionar. Er war unter anderem Professor für vergleichende Literaturwissenschaften und Dekan der Sophia-Universität in Tokio. Gertrud Roggendorf (1909-1973), die als Schwester Anna-Huberta segensreich in Indien wirkte, war wie ihr Bruder erst 18 Jahre alt, als sie in Aspel Novizin im deutschen Provinzialhaus der Lütticher Kongregation „Filiae Crucis“ wurde.

Aus der Eifel nach Asien und Südamerika

Zu den Töchtern vom Heiligen Kreuz gingen auch Agnes Roggendorf, Jahrgang 1910, die seit 1939 als Anna-Xaveria in Indien und später bis zu ihrem Tode in Lahore (Pakistan) wirkte, sowie Maria Roggendorf, Jahrgang 1914, die seit Ende der 40-er Jahre als Schwester Anna-Maria in Brasilien missionierte.

Die in Mechernich geborene und aufgewachsene Ordensschwester Anna Maria Roggendorf hatte 2009 noch im brasilianischen Colombo   ihren 95. Geburtstag, ihr 75jähriges Ordensjubiläum und den 56. Jahrestag ihrer Missionsgründung in Guaraituba feiern können. Kurz darauf zwang sie ein komplizierter Oberschenkelbruch zur Rückkehr nach Deutschland.

Der Münchener „missio“-Theologe Michael Krischer, ein Verwandter Schwester Anna-Marias, erzählte auch Anekdoten: „Bei Konferenzen mit dem Bischof ist sie immer eingeschlafen. Aber nicht aus Unaufmerksamkeit, sondern weil sie an einer Unterfunktion der Schilddrüse litt. Sie ist schon als Schulkind in Mechernich während des Unterrichts immer eingeschlafen.“ Darauf warf Schwester Anna-Maria ein: „Mit diesem Vorzug bin ich bis heute gesegnet!“ Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Das Elternhaus sei „katholisch-konservativ, aber keineswegs frömmlerisch” gewesen, berichtete seinerzeit im Zeitungsinterview Dr. Margarete Brown, eine inzwischen auch verstorbene weitere Roggendorf-Schwester aus Mechernich, die lange in Indien wirkte und mit Oscar Henry Brown, dem obersten Kolonialrichter in Indien,  verheiratet war.

Gleichwohl sei es „traumatisch“ für die vier jüngeren Geschwister gewesen, als die vier älteren Geschwister, eins nach dem anderen, in Orden eintraten und Missionare wurden. „Man fühlte sich festgelegt durch das Beispiel der älteren Geschwister“, erzählte Margarete Brown einmal im Interview mit dem Journalisten und Diakon Manfred Lang: „Ich bin darüber rebellisch geworden.“

Anna-Maria Roggendorfs Nichten Annetraud Orth (r.) und Maria Roggendorf hatten eigens ein Lied auf Tante Maria gedichtet. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Der jüngste Bruder, Hubert (Jahrgang 1919), der später Arzt wurde und selbst neun Jahre in Indien wirkte, schloss seine Schwestern Agnes und Maria in ihren Zimmern ein, als er hörte, dass auch sie ins Kloster wollten. Orden und Mission, so Margarete Brown, waren für die drei älteren Schwestern zur damaligen Zeit die einzig greifbare Plattform, um sich zu emanzipieren und ihre religiöse Berufung zu verwirklichen.

Alternative zu bürgerlicher Enge

Besonders Gertrud (Anna-Huberta) sei von dem Gedanken beseelt gewesen, etwas Großartiges in der Welt leisten zu können und zu müssen. Frau Brown: „Die Alternative wäre bürgerliche Enge gewesen; in Mechernich hätte sie die kleineren Geschwister verwahren müssen.“

Geburtstagskind Anna Maria Roggendorf erzählte einmal im Interview, warum sie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil ihren lateinischen Ordensnamen Honorata abgelegt und ihren Mädchennamen Maria wieder angenommen hatte: „Die Kinder in Brasilien haben das sowieso nicht verstanden und immer »Irma Banana« (Schwester Banana) zu mir gesagt!“

Pater Thomas van Xanten (r.), der Hausgeistliche der „Töchter vom Heiligen Kreuz“ im Kloster Aspel in Rees, hier bei der Gratulation Schwester Anna-Marias während der Heiligen Messe, sagte: „Sie ist jetzt hier bei uns am Niederrhein und damit relativ gesehen wieder näher an ihrem Geburts- und Heimatort Mechernich, aber ihr Herz ist in Brasilien geblieben.“ Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

In der von der Mechernicherin in Brasilien begründeten Missionsstation Bocaiuva do Sul in Guaraituba betreute Schwester Anna Maria Roggendorf mit ihren Mitschwestern 3000 Familien in den Slums und 40 Pfarrgemeinden im weiteren Umland. Ihr besonderes Augenmerk richtete sie auf die 18 Krankenstationen der Töchter vom Heiligen Kreuz, wo Verletzungen ambulant behandelt werden, vor allem aber dafür gesorgt wird, dass die Mütter ihre Kinder gesund zur Welt bringen.

Gratulanten aus Curitiba, München und Mechernich

Zum 100. Geburtstag waren auch sechs Mitschwestern aus Brasilien angereist. Ebenso Anna-Marias Nichten und Neffen Annetraud und Richard Orth, Hannelore und Hans Murk, Maria Roggendorf, Irmgard Roggendorf-Riedel, Nikolaus und Ute Roggendorf und Franz Roggendorf. Auch der Zweig der Familie Krischer war mit Bernhard und Michael Krischer sowie Dr. Ulrich Ulmer vertreten.

Michael Krischer, der heute als Theologe bei „missio“ in München wirkt, erzählte, wie sehr ihn Anna-Maria an ihrem Arbeitsplatz in den Elendsquartieren der Favelas der Millionenstadt Curitiba beeindruckt hatte, als er sie mehrmals in Brasilien besuchte: „Ich erkannte, dass ist die Theologie der Befreiung, von der ich bis dahin als Student nur gelesen hatte: Praktizierte Theologie, indem man ohne große Worte bei den Menschen ist.“

Schwester Anna-Maria freute sich sehr, aus dem Munde von Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick zu hören, dass ihre Familie in Mechernich bis heute unvergessen ist. Nicht nur, dass die Andheri-Gruppe der Pfarre St. Johannes Baptist nach wie vor Adventsbasare für die Missionsstationen der drei Roggendorf-Schwester veranstaltet. Nach der Hubert-Roggendorf-Straße für ihren Vater sei inzwischen auch ein Weg in Mechernich-Nord nach Schwester Anna-Huberta Roggendorf benannt worden.

pp/Agentur ProfiPress