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Besser als jede Schmerztablette

Das Kaller Hallenbad wird 50 Jahre alt – Ex-Schwimmmeister Herbert Schmitz erinnert sich – Warmes Wasser kam zunächst von der benachbarten Molkerei – Schmitz: „Hallenbad muss erhalten bleiben“

Kall – Heute würde man neudeutsch von einer Win-Win-Situation sprechen. Die Molkerei in Kall hatte überschüssiges Warmwasser. Die Gemeinde Kall plante ein Hallenbad, das natürlich warmes Wasser benötigte. Da war es nur sinnvoll, das Hallenbad direkt neben der Molkerei zu errichten und das 30 Grad warme Wasser von dort gefiltert ins Schwimmbecken zu leiten. „Nach wenigen Jahren war dieser Vorteil aber vorbei, weil die Molkerei zugemacht hat“, erinnert sich Herbert Schmitz, der 42 Jahre lang Schwimmmeister im Kaller Hallenbad war.

Bei der Aktionswoche „Treffpunkt Bad“ führte die Mädchen-Gymnastik-Gruppe Kall 1986 unter Leitung von Helga Müller und vor den Augen des stellvertretenden Gemeindedirektors Hans Kirfel (rechts) ein Wasserballett auf. Foto: Wolfram Schumacher/Archiv Gemeinde Kall/pp/Agentur ProfiPress
Bei der Aktionswoche „Treffpunkt Bad“ führte die Mädchen-Gymnastik-Gruppe Kall 1986 unter Leitung von Helga Müller und vor den Augen des stellvertretenden Gemeindedirektors Hans Kirfel (rechts) ein Wasserballett auf. Foto: Wolfram Schumacher/Archiv Gemeinde Kall/pp/Agentur ProfiPress

Allerdings nicht von Anfang an: Schmitz nahm seine Arbeit 1971 auf. Da war das Hallenbad bereits vier Jahre in Betrieb. Am 12. Mai 1967 war die Eröffnung gefeiert worden, mit Gemeindedirektor Heinrich Sistig und Erhard Pauly, Bürgermeister der damaligen Gemeinde Kall. Spatenstich war zwei Jahre früher. Jetzt, im Jahr 2017, wird das Kaller Hallenbad also 50 Jahre alt und ist mit dem Schwimmbad in Vogelsang das einzige Hallenbad im Süden des Kreises Euskirchen.

Das überschüssige Wasser der Molkerei war aber nicht der einzige Grund für den Bau des Hallenbades. Die Kaller Jugend war bis dahin in eigens eingerichteten Bereichen der Urft geschwommen. Als das Schwimmbad in Gemünd eröffnet hatte, fuhren die jungen Leute mit dem Fahrrad dorthin. Da wuchs in Kall der Wunsch nach einem eigenen Schwimmbad, die Mehrheit der Politik war dafür. „Auch wenn es damals einige Kritiker gab, die sagten, ein eigenes Schwimmbad würde sich nicht lohnen“, weiß Michaela Kratz, die derzeit bei der Gemeinde Kall für das Hallenbad zuständig ist.

42 Jahre lang war Herbert Schmitz (l.) Schwimmmeister im Kaller Hallenbad. Mit seinem Nachfolger Frank Katzfey arbeitete er noch 20 Jahre lang zusammen. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress
42 Jahre lang war Herbert Schmitz (l.) Schwimmmeister im Kaller Hallenbad. Mit seinem Nachfolger Frank Katzfey arbeitete er noch 20 Jahre lang zusammen. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

„Das Hallenbad war zu Beginn immer sehr gut besucht“, weiß Herbert Schmitz. Selbst als das Hallenbad in Mechernich öffnete, habe man keinen Einbruch bei den Besucherzahlen erlebt. In alten Büchern hatte Schmitz‘ Vorgänger noch penibel jeden Schwimmer handschriftlich eingetragen, der beispielsweise den Jugendschwimmschein, das Fahrtenschwimmen oder das Freischwimmen absolviert hat. Die ersten Einträge stammen vom 1. November 1967.

In diesem Jahr jährt sich die Inbetriebnahme des Kaller Hallenbads zum 50. Mal. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress
In diesem Jahr jährt sich die Inbetriebnahme des Kaller Hallenbads zum 50. Mal. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

Auch Schmitz‘ Lieblingsanekdote stammt aus den Anfangsjahren. Während eines Schulschwimmens habe sein Kollege mit Dreck versehene Fußspuren von der Umkleide ins Schwimmbad entdeckt. Großen detektivischen Spürsinn musste er nicht haben, um den Schüler mit den dreckigen Füßen ausfindig zu machen. Er wurde aufgefordert, sich die Füße zu waschen. Der Schüler machte sich auch auf in den Sanitärbereich, nutzte zum Saubermachen der Füße aber nicht die Dusche. „Als mein Kollege nachgucken ging, steckten die Füße in der Toilettenschüssel“, erzählt Schmitz lachend.

Hallenbad wurde 1995 umfangreich saniert

Natürlich wurde das Hallenbad zwischendurch saniert. So wurde 1995 die Technik komplett erneuert, also Filter-, Lüftungs- und Heizungsanlage. An den Ausmaßen des Beckens von 25 mal acht Metern mit seinen drei Bahnen und dem Ein-Meter-Brett hat sich in den letzten 50 Jahren aber nichts geändert. Im Außenbereich wurde eine Liegewiese eingerichtet, auch eine Terrasse und ein Anbau, in dem sich Solarien befanden, ist vorhanden. „Das wird seit fünf oder sechs Jahren alles nicht mehr genutzt“, erzählt Schmitz‘ Nachfolger Frank Katzfey, der sich übrigens nicht mehr Schwimmmeister nennt, sondern Fachangestellter für Bäderbetriebe.

Kalls stellvertretender Bürgermeister Christian Engels eröffnet 1986 die landesweite Aktionswoche „Treffpunkt Bad“ im Hallenbad. Im Hintergrund der stellvertretende Gemeindedirektor Hans Kirfel (v.l.) und der DLRG-Ortsgruppenleiter Willi Schick. Foto: Wolfram Schumacher/Archiv Gemeinde Kall/pp/Agentur ProfiPress
Kalls stellvertretender Bürgermeister Christian Engels eröffnet 1986 die landesweite Aktionswoche „Treffpunkt Bad“ im Hallenbad. Im Hintergrund der stellvertretende Gemeindedirektor Hans Kirfel (v.l.) und der DLRG-Ortsgruppenleiter Willi Schick. Foto: Wolfram Schumacher/Archiv Gemeinde Kall/pp/Agentur ProfiPress

„Das ist ein echter Lehrberuf“, berichtet der 48-Jährige. Denn natürlich hat man als Bademeister, wie es im Volksmund fälschlicherweise immer noch heißt, nicht nur die Aufsicht über die Gäste. Katzfey, der seit 25 Jahren im Hallenbad arbeitet, kümmert sich um die komplette Technik und die Badreinigungen, macht die Abrechnungen – und das mittlerweile alleine. Als Herbert Schmitz vor vier Jahren im Alter von 65 Jahren in Rente ging, wurde dessen Stelle nicht neu besetzt. Einher ging eine Verkürzung der Öffnungszeiten.

Jeden Morgen steht das Kaller Bad für die Schulen in der Umgebung zur Verfügung – neben Kaller Schulen nutzen etwa auch die Grundschule Reifferscheid, das Clara-Fey-Gymnasium Schleiden oder die Hauptschule Hellenthal die Möglichkeit, den Schülern Schwimmen beizubringen. Ganz am Anfang, als Mechernich noch kein Schwimmbad hatte, waren auch die Soldaten der Mechernicher Bleiberg-Kaserne regelmäßig in Kall zu Gast.

Die Mädchen-Gymnastik-Gruppe Kall von Helga Müller zeigt 1986 bei den Aktionswoche „Treffpunkt Bad“ ihr Können. Foto: Wolfram Schumacher/Archiv Gemeinde Kall/pp/Agentur ProfiPress
Die Mädchen-Gymnastik-Gruppe Kall von Helga Müller zeigt 1986 bei den Aktionswoche „Treffpunkt Bad“ ihr Können. Foto: Wolfram Schumacher/Archiv Gemeinde Kall/pp/Agentur ProfiPress

Das Hallenbad war auch immer Schauplatz von Veranstaltungen. So nahm auch Kall Mitte der 80er-Jahre mehrmals an der landesweiten Aktionswoche „Treffpunkt Bad“ teil. „Da gab es unter anderem Wettschwimmen“, erinnert sich Schmitz. Für ein paar Jahre sei das gut gelaufen – aber als das Publikums- und Sponsoreninteresse nachließen, wurde die Aktion aufgegeben.

Es habe auch Überlegungen gegeben, das Hallenbad attraktiver zu gestalten, etwa durch eine Rutschbahn. „Aber dafür fehlten der Platz und das Personal“, berichtet Schmitz. Ebenso wurde der Außenbereich zeitweise in das Badegeschehen miteinbezogen. Nach und nach wurden die Angebote jedoch mangels Inanspruchnahme wieder zurückgefahren. Überhaupt hält der Pensionär, der die Ortsgruppe der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft leitet, nicht viel von reinen Spaßbädern. „Die müssen unbedingt immer einen reinen Schwimmbad-Bereich haben“, findet er.

Frank Katzfey, Fachangestellter für Bäderbetriebe im Hallenbad Kall, überprüft „unter Tage“ die Temperatur des Wassers im Hallenbad. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress
Frank Katzfey, Fachangestellter für Bäderbetriebe im Hallenbad Kall, überprüft „unter Tage“ die Temperatur des Wassers im Hallenbad. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

Und das ist auch ein Grund, warum er sich wünscht, dass das Hallenbad noch möglichst lange bestehen bleibt. „Kall braucht das Hallenbad, damit Kinder schwimmen lernen, damit ältere Menschen sich sportlich betätigen können und auch der Gesundheitsaspekt erhalten bleibt“, sagt er. Und Frank Katzfey ergänzt: „Gerade die Frühschwimmer berichten immer, wie gut ihnen das Schwimmen tut und dass sie die Aktivität in den Ferien vermissen, da dann geschlossen ist.“ Bei ihnen, da sind sich die beiden Schwimmmeister sicher, ersetze das morgendliche Bahnenziehen oft die Einnahme von Schmerzmittel.

pp/Agentur ProfiPress