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Bahn streicht trotz Zuwächsen

Alice Biesmans vom Mechernicher Bahnhofsshop vom DB-Management enttäuscht – Ständig mehr Fahrkarten verkauft, aber heruntergestuft worden – Jetzt muss die unrentable Fernreiseberatung zum 1. Januar eingestellt werden

Mechernich – Alice Biesmans ist augenblicklich nicht gut auf die Bahn zu sprechen. Die Inhaberin des Bahnhofsshops in der Mechernicher Gleispassage muss die Fernreiseberatung zum 1. Januar einstellen, weil sie nach einer Herunterstufung des Mechernicher Bahnhofs durch die DB Vertrieb GmbH unrentabel geworden ist.

Trotz 3500 Reisenden am Tag und seit der Shopübernahme durch Alice Biesmans und ihr Team von Monat zu Monat gesteigerten Fahrkartenzahlen wird Mechernich von der Einstufung „Präsenz im Bahnhof“ auf die Kategorie „Leisure“ gesetzt. Das bedeutet, dass die Provision für den Fahrkartenverkauf um mehr als die Hälfte gekürzt wird. „Dafür ist das von uns mit großem Engagement betriebene Beratungsgeschäft für Fernreisende wirtschaftlich einfach nicht mehr darstellbar“, so die Inhaberin des Bahnhofsshops.

Im Mechernicher Bahnhofsshop kann man auch weiterhin VRS-Tickets lösen, Lotto und Toto spielen, Pakete aufgeben, Briefmarken und Umschläge kaufen, Zeitschriften, Reisetaschen, Geschenkartikel und Tabakwaren erwerben. Montags bis freitags ist durchgehend von 6 bis 18 Uhr und samstags von 8 bis 14 Uhr geöffnet. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress
Im Mechernicher Bahnhofsshop kann man auch weiterhin VRS-Tickets lösen, Lotto und Toto spielen, Pakete aufgeben, Briefmarken und Umschläge kaufen, Zeitschriften, Reisetaschen, Geschenkartikel und Tabakwaren erwerben. Montags bis freitags ist durchgehend von 6 bis 18 Uhr und samstags von 8 bis 14 Uhr geöffnet. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

„Zu uns kommen die Leute, die beraten werden wollen“, konstatiert Alice Biesmans: „Internetnutzer können sich selbst helfen.“ Aber die Bahn habe offenbar beratungsintensive Kunden gar nicht mehr im Blick: „Beratung wird nicht honoriert!“

Auf Nachfrage erklärte ein Bahnsprecher, dass die Kriterien für die Agenturen geändert worden seien. Die Besteller im öffentlichen Nahverkehr – namentlich der Nahverkehr Rheinland (NVR), in dem die Verkehrsverbünde VRS und AVV zusammengefasst sind – hätten innerhalb einer Übergangsfrist die Möglichkeit gehabt, eine Nachbestellung vorzunehmen.

Konkret wären dann bestimmte Voraussetzungen wie erweiterte Öffnungszeiten und kostenpflichtige Mitarbeiterschulungen zu erfüllen gewesen, um die bisherige Einstufung beibehalten zu können. Der Bahnsprecher erklärte jedoch, dass eine solche Beauftragung durch den NVR nicht vorliege und man entsprechend dem bundesweit einheitlichen Provisionsmodell für DB-Agenturen die Herabstufung in eine Agentur „Leisure“ habe vornehmen müsse.

Alice Biesmans (l.) und ihre Mitarbeiterin Michaela Prinz am Fahrkartencomputer des Mechernicher Bahnhofsshops. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress
Alice Biesmans (l.) und ihre Mitarbeiterin Michaela Prinz am Fahrkartencomputer des Mechernicher Bahnhofsshops. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Holger Klein vom Nahverkehr Rheinland zeigt sich verärgert über diese „falsche Darstellung“ der Deutschen Bahn. „Der Nahverkehr Rheinland ist ausschließlich für den Vertrieb von Nahverkehrsfahrscheinen zuständig.“ Die Fernreiseberatung liege deshalb alleine in der Zuständigkeit von DB Fernverkehr.

Für den Mechernicher Bahnhofsshop führt er aus: „Es ist nicht korrekt, eine Veränderung der Provisionen für den Vertrieb der von Frau Biesmans bislang im Auftrag von DB Vertrieb verkauften Tickets mit einer fehlenden Beauftragung durch den NVR zu begründen. Die Agentur scheint hier Betroffene des neuen bundesweiten Provisionsmodells von DB Vertrieb zu sein.“

Alice Biesmans möchte mit ihrer Kündigung und ihrem Protest auch darauf aufmerksam machen, dass die moderne „Geiz-ist-geil-Mentalität“ nicht funktioniert: „Billig ist kein Wert an sich!“ Dabei komme die Kommunikationskultur unter die Räder. Man dürfe Menschen Rat und Hilfe nicht verweigern, wenn sie darauf angewiesen sind, nur um Provision zu sparen.

„Ich wollte einfach mal ein Zeichen setzen und die Leute wachrütteln“. Deshalb schrieb Alice Biesmans auch Briefe an verschiedene Bundesbahnstellen und Regierungsinstanzen. „Unsere Leute haben sich echt reingehängt und die Reisenden engagiert beraten, sonst hätten wir nicht von Monat zu Monat die Verkaufszahlen gesteigert.“

Wenn es im Mechernicher Bahnhof auch ab dem Neujahrsmorgen keine Fahrkarten für Fernreisende mehr gibt, so wird der überwiegende Anteil der Ticketkäufer dennoch keine Veränderung registrieren. Denn alle Fahrkarten im Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) und im Aachener Verkehrsverbund (AVV) bleiben weiter im Bahnhofsshop erhältlich.

Damit kann man mit in Mechernich erworbenen Fahrscheinen auch in Zukunft zwischen Selfkant, Oberbergischem Land, Düsseldorf, Aachen und Gerolstein Busse und Bahn benutzen. Zusätzlich kann man demnächst für Fernreisen Tickets von „Meinfernbus.de“ im Mechernicher Bahnhof erwerben.

Prüfen lässt Alice Biesmanns zurzeit, ob sie für Fernreisende einen PC aufstellt, an dem man selbst Fernfahrkarten lösen kann. „Wir wären den Kunden dann auf Wunsch beim Buchen der Fahrkarte behilflich“, so die Inhaberin.

Ansonsten werde der Bahnhofsshop in der vom Mechernicher Traditions-Reisebusunternehmen „Schäfer Reisen“ erbauten Gleis-Passage von der Kundschaft exzellent angenommen, vor allem auch der Zeitschriften-, Tabakwaren- und Geschenkartikelbereich.

Einzig bedauernswert sei der zurzeit eher knappe Parkraum in unmittelbarer Bahnhofsnähe. Abhilfe erhofft man sich von dem neuen riesigen Park & Ride-Bereich zwischen Bahnhof und Deutscher Mechatronics.

pp/Agentur ProfiPress