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„Aufgabe fordernd, aber machbar“

100 Tage Bundeswehrdepot West mit Sitz in Mechernich und weiteren Lagern im Umkreis von 300 Kilometern – Interview mit dem Leiter Christian Reichert – Umschlagplatz für 96,5 Millionen Einzelstücke im Gegenwert von 6,2 Milliarden Euro

Mechernich – Man soll bekanntlich den Tag nicht vor dem Abend loben und sich über ein neu erworbenes Amt oder einen neuen Job nicht zu früh freuen. Erst nach den ersten 100 Tagen, so sagt man, habe man hinreichend Klarheit darüber erlangt, auf was man sich da eingelassen hat.

Das Materiallager Mechernich mitsamt Stabgebäude des Bundeswehrdepots West von oben. Auf diesem Bild kann man die zahlreichen Lagerhallen erkennen, die demnächst im Zuge einer 33-Millionen-Euro-Investition teilweise erneuert werden. Luftbild: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress
Das Materiallager Mechernich mitsamt Stabgebäude des Bundeswehrdepots West von oben. Auf diesem Bild kann man die zahlreichen Lagerhallen erkennen, die demnächst im Zuge einer 33-Millionen-Euro-Investition teilweise erneuert werden. Luftbild: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Getreu diesem Motto hat der Mechernicher Bürgerbrief Oberstleutnant Christian Reichert, den Leiter des im Januar neugebildeten Bundeswehrdepots West, drei Monate und zehn Tage später nach seinen bisherigen Erfahrungen befragt. Um es vorwegzunehmen: Sie sind durchweg positiv. Wirklich neu an Reicherts Berufsbild ist wenig.

Reichert hat Logistiker gelernt und kennt sich im militärischen Lager- und Versandgeschäft über und unter Tage aus wie in seiner eigenen Westentasche. Ob man mit Apfelsinenkisten oder Zeitungspapier handelt, ist unter kaufmännischen Gesichtspunkten kein großer Unterschied. Nur dass der von Oberstleutnant Reichert geleitete „Otto-Versand der Streitkräfte“ erheblich größer ist als vorher, und mit Diepholz, Epe, Straelen und vorerst bis Ende 2017 auch noch mit Königswinter externe Lagerstätten außerhalb der Sichtweite Mechernichs umfasst.

Das Bundeswehrdepot West soll organisatorisch neu aufgebaut werden. Die Lagerhaltung wie hier im Fachregallager Straelen wird zum Teil durch neue Lagertechniken mit Verschieberegalen ersetzt. Foto: BwDp West/pp/Agentur ProfiPress
Das Bundeswehrdepot West soll organisatorisch neu aufgebaut werden. Die Lagerhaltung wie hier im Fachregallager Straelen wird zum Teil durch neue Lagertechniken mit Verschieberegalen ersetzt. Foto: BwDp West/pp/Agentur ProfiPress

Das wirklich Neue im Angesicht einer sich fortlaufend reformierenden Bundeswehr ist der Wandel selbst, also auch im militärischen Nachschub. „Panta rhei“, alles fließt, das wusste schon der alte Heraklit. In 188 Einzelmaßnahmen wurden und werden ein Betriebsstoffdepot und sechs Materialdepots in nur noch vier Bundeswehrdepots umgewandelt und die Anzahl der unterstellten Lagereinrichtungen von 22 auf 15 reduziert. Mechernich, Sitz des Stabes und eines Lagers von Depot West, ist eines davon.

Aus- und Umräumen, Umlagern und Verschieben

Die Entfernung von hier zum Lager Diepholz beträgt 302 Kilometer. Nach Epe, dem „Exoten“ im militärischen Lagergeschäft, weil dort ausschließlich Sanitätsmaterial gelagert und versendet wird, sind es 215 km, nach Straelen 120. Das bereits früher, wie Straelen, zu Mechernich gehörende Lager Königswinter liegt 60 km entfernt am anderen Rheinufer.

Oberstleutnant Christian Reichert (v.l.) mit Oberst Uwe Richard Fröhlich und Oberstleutnant Jürgen Schaff bei dem feierlichen Appell im Dezember 2015, während dem das Kommando über die Lager des Depots West nach Mechernich übertragen wurden. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress
Oberstleutnant Christian Reichert (v.l.) mit Oberst Uwe Richard Fröhlich und Oberstleutnant Jürgen Schaff bei dem feierlichen Appell im Dezember 2015, während dem das Kommando über die Lager des Depots West nach Mechernich übertragen wurden. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Noch wird in den quer durch die ganze Bundesrepublik verteilten Lagern aus- und umgeräumt. Mit der Schließung der Lager geht eine neue Zuordnung der Artikel zu den Lagereinrichtungen einher. Außerdem müssen an den einzelnen Standorten zum Teil neue Fähigkeiten und Aufgabenfelder entwickelt, beziehungsweise erschlossen werden. „Wir müssen derzeit unheimlich viele Bälle gleichzeitig in der Luft halten“, sagt Oberstleutnant Christian Reichert im Interview. Erst Ende 2018 wird das letzte Materiallager aufgelöst sein, dann muss alles an seinem endgültigen Platz sein. Bis dahin wird Schritt für Schritt umgelagert und verschoben.

Erst Ende 2018 wird in Mechernich über und unter Tage – von der kleinsten Niete bis zur riesigen Helikopterturbine – alles an Ersatzteilen für das Transportflugzeug Transall, die Hubschrauber Tiger, CH 53 und andere Hubschraubertypen zu finden sein. In Diepholz befindet sich dann das Lager mit den Einzelteilen für Eurofighter und Tornado. Reichert: „Damit liegt der Fokus im Bundeswehrdepot West auf dem fliegenden Material, in Mechernich für die sogenannten »Drehflügler«, in Diepholz für die Kampfflugzeuge.“

„Die Infrastruktur des Depots West ist sowohl in Mechernich als auch in Diepholz noch nicht optimal“, sagte Oberstleutnant Christian Reichert im Interview mit dem Mechernicher „Bürgerbrief“. Aus diesem Grund sollen weitere Hallen mit neuen Lagertechniken gebaut, beziehungsweise ausgestattet werden. Auf diesem Bild ist ein Hallenneubau im Lager Diepholz zu sehen. Für die Modernisierung am Bundeswehrstandort Mechernich sollen in den kommenden Jahren 33 Millionen Euro aufgewendet werden. Foto: BwDp West/pp/Agentur ProfiPress
„Die Infrastruktur des Depots West ist sowohl in Mechernich als auch in Diepholz noch nicht optimal“, sagte Oberstleutnant Christian Reichert im Interview mit dem Mechernicher „Bürgerbrief“. Aus diesem Grund sollen weitere Hallen mit neuen Lagertechniken gebaut, beziehungsweise ausgestattet werden. Auf diesem Bild ist ein Hallenneubau im Lager Diepholz zu sehen. Für die Modernisierung am Bundeswehrstandort Mechernich sollen in den kommenden Jahren 33 Millionen Euro aufgewendet werden. Foto: BwDp West/pp/Agentur ProfiPress

Mechernich Schwerpunkt Helikopter, Diepholz Schwerpunkt Jets

Insgesamt wird das Depot West dann 241.000 verschiedene Artikel in 96,5 Millionen Einzelstücken lagern, außerdem 991 verschiedene Sanitätsartikel. Christian Reichert: „Das ist Ware im Gegenwert von 6,2 Milliarden Euro, davon 1,2 Milliarden San-Artikel.“

Im Lager Mechernich werden außer luftfahrzeugspezifischen Ersatzteilen auch Computer für den Feldeinsatz, Verschlüsselungstechnik, Waffen und Material, welches schwach radioaktive Stoffe enthält, wie z.B. Triebwerksschaufeln, gelagert und umgeschlagen. Außerdem werden alle gelagerten Geräte und Waffen am Bleiberg in Stand gehalten und die Computer konfiguriert. Das gleiche gilt im Prinzip auch für das Schwesterlager in Diepholz mit Schwerpunkt Kampfflugzeuge.

Bei allen neu gelieferten Materialien müssen zunächst die Lieferscheine ordnungsgemäß eingescannt und überprüft werden, bevor die Elemente dann ins Lager einsortiert werden. Außer luftfahrzeugspezifischem Gerät werden in Mechernich über- und unter Tage auch Computer für den Feldeinsatz, Verschlüsselungselemente, Waffen und Material, welches schwach radioaktive Stoffe enthält, wie z.B. Triebwerksschaufeln in Mechernich gelagert und umgeschlagen. Foto: BwDp West/pp/Agentur ProfiPress
Bei allen neu gelieferten Materialien müssen zunächst die Lieferscheine ordnungsgemäß eingescannt und überprüft werden, bevor die Elemente dann ins Lager einsortiert werden. Außer luftfahrzeugspezifischem Gerät werden in Mechernich über- und unter Tage auch Computer für den Feldeinsatz, Verschlüsselungselemente, Waffen und Material, welches schwach radioaktive Stoffe enthält, wie z.B. Triebwerksschaufeln in Mechernich gelagert und umgeschlagen. Foto: BwDp West/pp/Agentur ProfiPress

In Epe befindet sich das Sanitätsmateriallager, das von einer Oberstabsapothekerin befehligt wird. Straelen schließlich lagert und repariert u.a. alles, was das Heer für Fallschirmeinsätze und die Streitkräftebasis für den Feldpipelinebau braucht. Außerdem werden dort Rad- und Kettenfahrzeuge sowie Funk- und Fernmeldegerät repariert.

Christian Reichert sagt im Interview, er habe sich vorgenommen, von seinem Amtssitz in Mechernich aus die anderen zum Depot West gehörenden Lager wenigstens zweimal im Quartal persönlich zu besuchen. „Die Soldaten und Zivilbeschäftigten erwarten das. Es ist auch wichtig, dass man den persönlichen Kontakt pflegt und auch schon mal ein Schwätzchen hält.“

Oberstleutnant Christian Reichert (l.) und Oberleutnant Raoul Kampmann, der stellvertretende Leiter des Materiallagers Mechernich, vor den neuen Hinweisschildern zum Bundeswehrdepot Mechernich. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress
Oberstleutnant Christian Reichert (l.) und Oberleutnant Raoul Kampmann, der stellvertretende Leiter des Materiallagers Mechernich, vor den neuen Hinweisschildern zum Bundeswehrdepot Mechernich. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

“Noch hinke ich hinter dieser Erwartungshaltung her“, gesteht Reichert, der im Laufe seines militärischen Werdegangs u.a. fünf Jahre auf dem Fliegerhorst Diepholz arbeitete, sich dort wie aus dem Effeff auskennt und auch Kontakte zum damaligen Depot hatte. Die Chefs der Materiallager sind jeweils Hauptleute, die Chefin im Sanitätsmateriallager allerdings Oberstabsapothekerin und somit am besten bezahlt.

Wie alle Einheiten, versuchen auch die zum Depot West gehörenden Lager einen gewissen Korpsgeist zu entwickeln und besser zu sein als die jeweils anderen. Dass diese Rivalität nicht zu weit getrieben wird, versteht sich von selbst. „Hüben wie drüben sind absolute Profis am Start, die machen in erster Linie alle einen guten Job“, so Oberstleutnant Reichert: „ Aber jedes Depot ist mittlerweile einzigartig in seinen Ausprägungen und jeder versucht natürlich, diese Besonderheiten herauszustellen. Das färbt auch auf die Leute ab.“

IT-Geräte werden für den Einsatz in der Unteranlage Mechernich konfiguriert. Foto: BwDp West/pp/Agentur ProfiPress
IT-Geräte werden für den Einsatz in der Unteranlage Mechernich konfiguriert. Foto: BwDp West/pp/Agentur ProfiPress

Hier arbeiten 600 Profis – größtenteils ohne Uniform

In Lagern und Stab des Bundeswehrdepots West sind 550 Dienstposten geplant, übergangsweise werden es bis 31. Dezember 2017 sogar 600 sein, davon 260 in Mechernich. Überwiegend übrigens Zivilbeschäftigte, nur gut zehn Prozent der Depotangehörigen trägt Uniform. Zu den von Christian Reichert geleiteten Bereichen gehören auch Verbindungskommandos in Italien, Spanien und Großbritannien bei den Umschlagstellen für Ersatzteile von Tornado und Eurofighter. Solch eine Umschlagstelle gibt es auch in Deutschland im Materiallager in Diepholz, in der in gleicher Weise ausländische Verbindungskommandos ihren Dienst verrichten. Diese Dienststelle nennt sich quadronationales Transitzentrum.

Sichtung von Medikamenten im Bereich des Sanitätsmateriallagers Epe, das von einer Oberstabsapothekerin geführt wird. Foto: BwDp West/pp/Agentur ProfiPress
Sichtung von Medikamenten im Bereich des Sanitätsmateriallagers Epe, das von einer Oberstabsapothekerin geführt wird. Foto: BwDp West/pp/Agentur ProfiPress

Für Mechernich hätte es schlimmer kommen können als Sitz des Bundeswehrdepots West zu werden. Reichert: „Sie erinnern sich an die Diskussion vor 2010, als auch Tendenzen aufkamen, dass das Depot in Mechernich aus Kostengründen geschlossen werden könnte.“ Bereits vor der Strukturreform der Bundeswehr war die Übertragung zahlreicher Aufgaben an die Industrie vorgesehen. Mit der Reduzierung der Streitkräfte insgesamt sollte es zudem weniger Lagerbedarf geben. Nach Ende des kalten Krieges wurde außerdem die Sinnhaftigkeit unterirdischer Materiallager stark in Zweifel gezogen. Daher waren alle Depots und Lager auf dem Prüfstand für den Weiterbetrieb.

Jetzt ist Mechernich Sitz eines der vier verbleibenden Depots der Bundeswehr und Sitz der „Luftfrachtzelle West“, von der aus über den militärischen Teil des Flugplatzes Köln-Wahn auch Nachschub für die Auslandseinsätze der Bundeswehr fließt.

Auch Paketsendungen werden genau dokumentiert. Archivbild: pp/Agentur ProfiPress
Auch Paketsendungen werden genau dokumentiert. Archivbild: pp/Agentur ProfiPress

Zu den Aufgaben des Bundeswehrdepots West gehört nicht nur die Übernahme der Artikel aus der Industrie, die Lagerung und der Versand von Ersatzteilen, sondern auch deren Instandhaltung. Die Infrastruktur war und ist sowohl in Mechernich als auch in Diepholz noch nicht ganz optimal. Sowohl in Niedersachsen als auch in der Eifel müssen neue Hallen gebaut werden.

Am Bleiberg investiert der Bund 33 Millionen Euro

In den nächsten Jahren sollen ca. 33 Millionen Euro in die Modernisierung der militärischen Einrichtungen am Bleiberg fließen. Außerdem ist die Investition in moderne Lagertechnik beschlossen, so dass Oberstleutnant Reichert u.a. Verschieberegale für die unterschiedlichen Ersatzteile in die Hallen einbauen lassen möchte. Der Oberstleutnant: „Das ist für die Bundeswehr infrastrukturelles Neuland, aber das ergibt im Endeffekt eine bessere Ausnutzung der Hallenkapazitäten und somit eine wirtschaftlichere Lagerung.“

Von Mechernich aus koordiniert der Depotechef, Oberstleutnant Christian Reichert, hier mit seiner Mitarbeiterin Ilona Schnitzler, das am 1. Januar neu gebildete Bundeswehrdepot West. Er ist damit Herr über den scherzhaft „Otto-Versand der Bundeswehr“ genannten Nachschub im Westen der Republik und mit Zuständigkeit auch für die Auslandseinsätze der Bundeswehr  mit 96,5 Millionen Einzelstücken im Gegenwert von 6,2 Milliarden Euro. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress
Von Mechernich aus koordiniert der Depotechef, Oberstleutnant Christian Reichert, hier mit seiner Mitarbeiterin Ilona Schnitzler, das am 1. Januar neu gebildete Bundeswehrdepot West. Er ist damit Herr über den scherzhaft „Otto-Versand der Bundeswehr“ genannten Nachschub im Westen der Republik und mit Zuständigkeit auch für die Auslandseinsätze der Bundeswehr mit 96,5 Millionen Einzelstücken im Gegenwert von 6,2 Milliarden Euro. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Der 47-jährige Depotleiter sieht seinen neuen Job trotz der vielen Aufgaben positiv: „Das neue Bundeswehrdepot muss organisatorisch aufgestellt, d.h. Verfahren und Abläufe auf die neuen Lager umgestellt werden. Das Gesamtpersonal muss weiter zusammen wachsen und die Umlagerungen der Artikel sowie die Übertragung neuer Fähigkeiten in die Lager müssen gestemmt werden.“

Dazu gehöre auch die Gewinnung und Ausbildung von neuem Personal, insbesondere in Diepholz. Da das nicht immer nahtlos gelinge, so Reichert, müsse man mit Lücken leben, „die meine Mitarbeiter mit Mehrleistung ausgleichen müssen“. Der Kommandeur: „Also, die Aufgabe ist fordernd, aber insgesamt machbar.“ Die Verwendungszeit des Führungspersonals beträgt in der Regel drei Jahre – der Positionswechsel gehört somit zum militärischen Alltag. Reichert will die Umgliederung bis 2018 erfolgreich abgeschlossen haben. Dann warten neue Aufgaben auf ihn.

 pp/Agentur ProfiPress