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“Alarmstufe Rot” am Bleiberg

“Alarmstufe Rot” am Bleiberg
MECHERNICH. Es gibt wohl kaum ein Mechernicher Stadtoberhaupt, bei dem die Bundeswehr nicht zuweilen tiefe Sorgenfalten verursacht hat. Seit gestern hat Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick Angst, dass die Bundeswehr die Stadt nach der Schließung des Bergwerks 1958 nun in eine “zweite arbeitsmarkt- und strukturpolitische Katastrophe” stürzt.
Fakt ist, dass 2009 die Luftwaffeninstandhaltungsgruppe 23 (400 Stellen) vom Bleiberg abgezogen und nach Wunstdorf verlegt wird. Nun wurde Schick von Marcel Conrads, Beamter des Materialdepots, darüber informiert, dass auch diese Stelle mit 350 Arbeitsplätzen (330 Zivilisten, 20 Soldaten) gefährdet ist. Dann wären von rund 1000 Beschäftigten nur noch etwa 250 übrig.
Hintergrund ist die Ausschreibung zur Privatisierung logistischer Bundeswehraufgaben, die unter anderem in Mechernich überirdisch und in der Untertageanlage (UTA) abgewickelt werden.
Über Jahre
“krumm gelegt”
Nach neuesten Informationen wird nicht nur untersucht, ob ein ziviles Logistikunternehmen die Depot- und Speditionstätigkeiten günstiger übernehmen kann. Conrads legte dem Bürgermeister entsprechendes Material vor, wonach dies Gegenstand eines Ausschreibungsverfahrens ist. Demnach sei die Firma, die die Ausschreibung gewinnt, nicht an die bisherigen Logistik-Standorte der Bundeswehr gebunden. Schick: “Sie kann ihre Tätigkeit auch an den Köln-Bonner Flughafen verlegen oder an einen noch größeren Verkehrsknotenpunkt.” Im günstigsten Fall – wenn die Beschäftigten übernommen würden – würden diese dann zu Berufspendlern.
Conrads berichtete, dass sich alle Beschäftigten jahrelang für “ihr” Depot krumm gelegt hätten und über 10 000 Überstunden geleistet hätten, um das Depot wirtschaftlich zu machen und zu erhalten. Nun würde ihnen “der Boden unter den Füßen weggezogen”.
Auch wenn Schick Verständnis für kaufmännische Überlegungen hat, macht er in einem Schreiben an Verteidigungsminister Dr. Franz-Josef Jung aus seiner Enttäuschung, dass der Standort Mechernich nach und nach “zerlegt” werde, keinen Hehl. Er fürchtet, dass dem Standort mit dem Abzug des Depots der “endgültige Todesstoß” versetzt würde – und die Stadt nach der Bergwerksschließung wieder mit einer riesigen Industriebrache und einem ungelösten Struktur- und Arbeitsmarktproblem sitzen gelassen werde. Außerdem fragt er den Minister, wie er sich denn die Zukunft der UTA vorstelle, falls das Depot im Zuge der Privatisierung Mechernich verlasse: “Hat die Bundesregierung die Sicherung und Bewachung der weit verzweigten UTA und die damit verbundenen Kosten ausreichend bedacht?”
Schick appelliert an Jung, den Standort Mechernich “aus sozialen und arbeitsmarktpolitischen Gründen unter allen Umständen zu erhalten” – und das Unternehmen, dass die Aufgaben übernimmt, zur Beibehaltung des Standorts zu verpflichten.

Manfred Lang

09.06.2008