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„Unbequeme“ Clara Viebig

Clara-Viebig-Abend anlässlich des 60. Todestages der Eifeler Schriftstellerin – Im „Pingsdorfer Saal“ lasen Katia Franke und Clara Wahl, Sopranistin Sieglinde Schneider intonierte Volkslieder aus der Zeit Clara Viebigs

Anlässlich des 60. Todestages der Schriftstellerin Clara Viebig sprachen lasen uns sangen (v.r.) Katia Franke, Clara Wahl und Sieglinde Schneider auf Einladung von Museumsleiter Dr. Josef Mangold. Foto: Johannes Mager/pp/Agentur Profipress

Mechernich-Kommern – „Wir wollen hier im Freilichtmuseum das Leben der Eifler präsentieren – und dazu gibt sie uns in ihren Büchern viele Hinweise“, sagte Dr. Josef Mangold, Leiter des LVR-Freilichtmuseums Kommern. Die Rede war von Clara Viebig. Der zu ihrer Zeit nicht unumstrittenen Schriftstellerin widmete das Freilichtmuseum anlässlich ihres 60. Todestages einen literarisch-musikalischen Abend. Der Dienstag sei zwar ein eher ungünstiger Tag für eine solche Veranstaltung, so Dr. Mangold, doch man habe bewusst genau Viebigs Todestag, den 31. Juli, gewählt. Der Saal Pingsdorf, durch einen dunkelgrünen, schweren Vorhang „halbiert“, bildete in seiner rustikalen Schlichtheit das optimale Ambiente für die Eifeler Literatur. Besonders gelungen war die Bühne, auf der ein Tisch mit dem Porträt Clara Viebigs, ein Sofa und ein Sessel aus der Zeit etwa zu Beginn des 20. Jahrhunderts drapiert waren, die aus dem Museumslager stammen. Eine üppige Blumenpracht rundete das Bild ab.

Für den Abend hatte das Freilichtmuseum drei Damen gewonnen, die sich wunderbar ergänzten. WDR 4-Moderatorin Katia Franke stellte die Schriftstellerin zunächst vor und las anschließend aus einem von Viebigs bekanntesten Eifel-Büchern, „Das Kreuz im Venn“. Die mundartlichen Passagen der Roman-Protagonisten sprach Clara Wahl in einer stereotypisch monotonen Eifler Sprechweise. Ergänzt wurden die beiden von der Sopranistin Sieglinde Schneider, die insbesondere Volkslieder der damaligen Zeit – manchmal mit zum Roman passenden, neuen Texten – zum Besten gab.

Auch Clara Viebig wollte sich ursprünglich dem Gesang widmen. Doch nachdem sie in Berlin an der Hochschule für Musik ein Gesangsstudium aufgenommen hatte, habe sie gemerkt, dass ihr Talent dazu nicht reiche, erzählte Franke. Da nach dem Tod ihres Vaters die Haushaltskasse knapp gewesen sei, habe sie damit begonnen, kleinere Erzählungen zu schreiben. 1895 lernte sie Theodor Fontane kennen. Verleger Friedrich Cohn sei ganz angetan gewesen von den Schriften, die sie unter dem Namen „C. Viebig“ bei ihm einreichte. „Diesen Mann möchte ich kennenlernen“, habe er gesagt. Ein Jahr später heiratete er Clara Viebig. Das Pseudonym behielt Clara Viebig 20 Jahre lang bei, da Frauen als Schriftstellerinnen nicht ernst genommen worden seien. Ihre Romane und Novellen, so Katia Franke, spielten immer wieder in der Eifel, deren Menschen die gebürtige Trierin bei den Dienstgeschäften ihres „Onkel Mathieu“, Trierer Landgerichtsrat und alter Freund des Vaters, bei dem Clara Viebig nach der Schulzeit ein Pensionsjahr verbrachte, kennen gelernt hatte.

Warum sich (nicht nur) die Eifeler über Viebigs Bücher oftmals empörten, wurde bei dem Abend im Saal Pingsdorf ebenfalls deutlich. Viebig bevorzugte eine direkte Sprache und charakterisierte die Eifeler recht unverblümt. Auch der Handlungsort, das fiktive Heckenbroich, war klar in der Region Monschau anzusiedeln und auch die Inhalte orientierten sich an tatsächlichen Ereignissen. Hier ein paar Beispiele: Statt einer Wasserleitung hat der Bürgermeister den Eifeldom bauen lassen, was dem Landrat missfällt. Ein Leutnant des nahe gelegenen Militärs will die Tochter des Industriellen Schmölder heiraten, was dessen Bruder gar nicht gefällt, da es dem Soldaten seiner Meinung nach um das Geld gehe. Die schöne Helene, Witwe und Wirtin des Gasthofs „Zum weißen Schwan“ macht den Soldaten schöne Augen. Bärb will mit dem Zug zur Echternacher Springprozession, nähert sich aber auf der Fahrt einigen Soldaten recht eindeutig… Dies alles sind Handlungen des Romans „Das Kreuz im Venn“, die an Deutlichkeit nichts vermissen lassen. „Schwarz ist Trumpf“ ist die erklärte politische Einstellung. „Sie wollen doch gar keine Aufklärung“, wirft der Landrat dem Bürgermeister vor. Katia Franke und Clara Wahl trugen Stellen aus dem Buch vor, die deutlich zeigen, wie Viebig – für eine Frau damals völlig ungewohnt – ebenso politische wie gesellschaftskritische Töne anschlug.

 Übrigens: Nicht nur literarisch, auch kulinarisch war die Eifel am „Clara-Viebig-Abend“ Thema. In der Pause konnten sich die zahlreichen Gäste mit „Eifeler Ähzezupp“ und „Hövelsche op Fleesch“, also Erbsensuppe und Weideschwein-Schnitzel (vom besonderen Fleisch der Museumsschweine) mit Kartoffelsalat, stärken.