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„Krockwösch“ im Museum

Traditionelle Kräuterweihe an „Mariä Himmelfahrt“ im LVR-Freilichtmuseum Kommern – Museumsbesucher konnten gesegnete Sträuße mit nach Hause nehmen, Museumsbäuerinnen erklärten Brauch und Heilkräuter

Die Museumsbäuerinnen, hier Sabine Roggendorf (l.) und Anita Wolfgarten, banden die Kräutersträuße und berichteten über Brauchtum sowie spezielle Heilkräuter. Foto: Alice Gempfer/pp/Agentur ProfiPress

Mechernich-Kommern – Mitten in der Baugruppe Eifel duftete es an Maria Himmelfahrt bei strahlendem Sonnenschein wie auf einer Wildblumenwiese. Pfefferminz, Johanniskraut, Roggen, Gerste, Weidenröschen und Spitzwegerich waren nur einige der Kräuter, aus denen die Museumsbäuerinnen Johanna Hilger, Sabine Roggendorf und Anita Wolfgarten in der Baugruppe Eifel Sträuße banden. Es war „Krautwischtag“ im Kommerner LVR-Freilichtmuseum, ein Hochfest der katholischen Volksfrömmigkeit seit dem 9. Jahrhundert.  

Was genau es mit dieser Tradition auf sich hat, wollten die Besucher wissen. Es handele sich um eine Mischung aus dem Glauben an Gottes Segen und dem Wissen um die Kraft gewisser Heilkräuter, so Museumsbäuerin Sabine Roggendorf: „Der Krautwisch ist ein Strauß aus verschiedenen Blumen, Kräutern und Früchten, die an Maria Himmelfahrt, das ist immer am 15. August und damit auf dem Höhepunkt sommerlicher Blüten- und Früchtepracht,  zu Sträußen gebunden und in den Kirchen gesegnet wurden und werden.“

Die ausgewählten Kräuter seien Nahrungspflanzen oder Heilkräuter für Mensch und Vieh. „Meiner Großmutter waren die Getreidearten besonders wichtig“, ergänzte Roggendorfs Kollegin Anita Wolfgarten. Auch ihre Mutter habe noch Kräutersträuße gebunden, sagte die Lessenicherin.

In vielen Familien ist der Brauch bis auf den heutigen Tag erhalten, wie sich auch am Mittwoch im Museum zeigte. Denn zur medienwirksam angekündigten Kräuterweihe kamen viele mit zu Hause selbst gesammelten und gebundenen Sträußen, um sie von Diakon Manfred Lang segnen zu lassen. Viele Besucher nutzten auch die Gelegenheit, um sich bei den Fachfrauen Rat und Tipps zu speziellen Kräutern zu holen.

Wer keinen eigenen Kräuterstrauß mitgebracht hatte, der wurde vom Museum versorgt. Wer wollte, konnte nach altem Brauch einen gesegneten Strauß mit nach Hause nehmen, um ihn dort zum Schutz vor Krankheiten, Unwetter und anderen Unbilden des Lebens aufzuhängen.

Vor dem mit einigen Marienliedern unterlegten Gottesdienst, den Diakon Lang mit den Besuchern, dem Personal und dem stellvertretenden Museumsdirektor Dr. Michael H. Faber feierte, klang die Vermutung an, dass der „Krautwisch“ wie viele heute christliche Bräuche und Feiertagestermine vorchristliche Wurzeln haben könnte.

Zur heute sogar wissenschaftlich erwiesenen Heilkraft vieler Kräuter kam das Vertrauen auf die himmlischen Kräfte. Und ein wenig Aberglaube und Zahlenmagie, so Diakon Lang, mag auch manchmal im Spiel gewesen sein: Von Ort zu Ort unterschiedlich, aber immer verbindlich war die Zusammensetzung des „Krautwischs“ früher, was die Art und Zahl der darin enthaltenen Kräuter anging.

Immer spielte die Zahl eine Rolle, egal ob es sieben (Schöpfungstage) Kräuter sein mussten, neun (dreimal drei = Dreifaltigkeit), zwölf (Apostel, Stämme Israels), 24 (Altes und Neues Testament, 12 Stämme Israels plus 12 Apostel) oder sogar 72 (Jünger Jesu), so erläuterte der Geistliche in seiner eher volkskundlichen Einleitung in den Gottesdienst.

Zur Segnung holte sich Diakon Lang Verstärkung aus der kleinen Gottesdienstgemeinde. Johannes, ein Junge aus dem Publikum, wurde kurzerhand zum Messdiener ernannt, und hielt während des Segensritus das „Benediktionale“, das Buch für kirchliche Segnungen – und er durfte auch die ersten Sträuße mit Weihwasser besprengen.

pp/Agentur ProfiPress