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„Grenzen in den Köpfen“

Konzeptionen und Visionen eines Mannes, der die Eifel von Kind auf kennt, aber auch die Ressentiments gegen sie und die Widerstände in ihrem Innern: Quo vadis – Eifel Top, Zukunftsinitiative Flop?

Helmut Etschenberg, Präsident der Zukunftsinitiative Eifel, stellte sich den Fragen der Journalisten. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Von Manfred Lang

Wo steht die Eifel in zehn Jahren? Städteregionsrat Helmut Etschenberg, amtierender Kuratoriumsvorsitzender der Zukunftsinitiative Eifel, hat da eine klare Vorstellung: „Sie ist auf dem Weg zur Naturerlebnisregion Nummer Eins in Mitteleuropa ein deutliches Stück vorangekommen. Nationalpark Eifel, Naturparks und Tourismus florieren auf hohem Niveau. Ravel-Route und Eifelsteig sind weltberühmt, Dauner Maare, Laacher See und Hohes Venn werden ebenso von zahlreichen Touristen besucht. Die heimische Wirtschaft ist gut aufgestellt – es gibt kaum Gründe abzuwandern. Ganz im Gegenteil: Auch junge Leute bleiben zukünftig in der Eifel – um dort ihren Lebensunterhalt zu verdienen, wo andere Urlaub machen. Und in Zukunft wird es im Gegensatz zu heute noch eine Menge qualifizierter Arbeitsplätze mehr geben – in unserer Region gibt es schon heute zahlreiche sog. ‚hidden champions‘.“ Dank EDV wird das Arbeiten zudem zunehmend auch von zu Hause aus möglich sein.

Diese Vorstellung ist der Extrakt eines Interviews, das der Redakteur Manfred Lang jetzt in Aachen, im Haus der StädteRegion, mit Helmut Etschenberg, dem Städteregionsrat der StädteRegion Aachen, führten.

Die Interviewer der Agentur ProfiPress wollten von dem Mann an der Spitze des Zusammenschlusses von zehn Eifelkreisen, der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens und von acht Wirtschaftskammern aber auch wissen: „Wo steht die Zukunftsinitiative Eifel in zehn Jahren?“

Diese Antwort klang dann doch ernüchternder, obwohl der eifelweite Zusammenschluss von Gebietskörperschaften und Kammern eher ideeller als substantieller Art ist: „Ich glaube, dass die Zukunftsinitiative Eifel dann nicht mehr in der Form existiert wie heute“, konstatiert Helmut Etschenberg als Kuratoriumsvorsitzender  der Zukunftsinitiative Eifel – sozusagen erster von rund einer Million Bürger  der kerneuropäischen Eifelregion.

Der gebürtige Aachener mit starken Wurzeln in der und Bindungen an die Eifel macht keinen Hehl aus seinem Bedauern: „Das ist schade, weil die Eifel Netzwerke sucht und braucht, um weiterzukommen.“

Wenn die Zukunftsinitiative Eifel in der Form nicht überleben sollte, dann werde man die Ursachen im fehlenden oder mangelnden Willen  der politischen Entscheidungsträger zu suchen haben, kritisiert und appelliert gleichzeitig der Kuratoriumsvorsitzende. „Es gibt noch zu viele Grenzen; nicht mehr in der Realität, aber in den Köpfen“.

 

Guter Anfang, wichtige Initiativen

An guten Anfängen habe es seit der „Bitburger Erklärung“ der Kammern und der Gründung der Zukunftsinitiative Eifel 2005 nicht gefehlt. Die ersten Eifelkonferenzen in Vogelsang, Heimbach, Rurberg oder St. Vith zu gemeinsamen, die ganze Eifel bewegenden, Themen waren ein voller Erfolg. Die Idee, alle 53 Eifelbürgermeister ebenfalls zu jährlichen Tagungen zusammenzurufen, war ein wichtiger Schachzug, die Kommunen als Bindeglieder zu den Menschen in das eifelweite Zweckbündnis der Kreise und Körperschaften einzubeziehen.

Die Aufbruchsstimmung in der internationalen Eifelregion wurde tatsächlich dazu genutzt, Partnerschaften für die fünf Handlungsfelder „Kultur und Tourismus“, „Wald und Holz“, „Landwirtschaft“, „Handwerk und Gewerbe“ sowie „Technologie und Innovation“ aufzubauen. Allerdings mit unterschiedlichem Erfolg.

Der Tourismus eines der fünf Aufgabenfelder der Zukunftsinitiative Eifel, ist eine Erfolgsgeschichte. Auch die Themenfelder „Technologie und Innovation“ – in Vernetzung mit RWTH und FH Aachen – sowie „Wald und Holz“ haben grenzübergreifend beachtliche Erfolge erzielt.

 

Der Elan der ersten Jahre ist verflogen

Doch der Elan der ersten Jahre sei verflogen, so Helmut Etschenberg,  vor allem bei den Kollegen in Rheinland-Pfalz. In den hauptbetroffenen Kern-Eifelkreisen Bitburg-Prüm und Daun-Gerolstein hat der Städteregionsrat Ermüdungserscheinungen ausgemacht. „Und das ist das falsche Signal, denn nur diese beiden Kreise liegen komplett in der Eifel, die anderen acht Kreise haben auch noch andere Regionalanteile wie zum Beispiel Euskirchen und Düren die Börde oder Trier, Bernkastel-Wittlich und Cochem Mosel und Hunsrück.“

Etschenberg weiter: „Als ich mein Amt antrat, haben wir in der Städteregion Aachen der Eifel eine so große Bedeutung beigemessen, dass unser Parlament mir eine halbe Verwaltungsstelle und darüber hinaus noch ein Budget von 10.000 Euro nur für Zwecke der Zukunftsinitiative bewilligt hat.“ Und das, nachdem die ohnehin finanziell sehr kurz gehaltene Zukunftsinitiative, die sich selbst als gemeinsame Eifelplattform für Know-how-Transfer und gemeinsame Aktionen definiert, im Frühjahr 2012 durch Sparzwänge einiger Beteiligter ganz in Frage gestellt worden war.

Helmut Etschenberg hatte zu der Zeit gerade Karl-Heinz Lambertz, den Ministerpräsidenten der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens als Kuratoriumsvorsitzender der Zukunftsinitiative Eifel abgelöst. In einer Krisensitzung auf der Internationalen Tourismusbörse (ITB) in Berlin gelang es Etschenberg im Frühjahr 2012, die Zukunftsinitiative wieder in ruhiges Fahrwasser zu führen.

Der heute 66-Jährige beschwor die natürliche Bindung der Menschen und ihrer Vertretungen in der Eifelregion. Gemeinsame mentalitätsgeschichtliche, historische und wirtschaftliche Wurzeln und Rahmenbedingungen einten das ehemalige „Preußisch Sibirien“ bis auf den heutigen Tag. Die Menschen aus den umliegenden Städten hätten das Mittelgebirge dies- und jenseits der Landes- und Staatsgrenzen, die die Eifel durchziehen, längst lieben gelernt, so Helmut Etschenberg: „Die Eifel wird einmal die Naturerlebnisregion Nummer 1 in Mitteleuropa sein!“

 

„Dachmarke Eifel“ hält irgendwie alles doch zusammen

So wie viele früher die Nase über die Eifel rümpften, sagte Etschenberg, so gerne kämen sie heute zu Besuch – viele auch länger  in Urlaub, manche sogar für immer durch Zuzug. Selbst wenn die Zukunftsinitiative Eifel als Institution scheitern sollte Was durch Engagement der Verantwortlichen abzuwenden wäre, so glaubt Helmut Etschenberg doch fest an die gemeinsam geschaffene und etablierte „Dachmarke Eifel“, die alle in der Region doch wieder irgendwie eint und auch in Zukunft für bilaterale Kontakte und Projekte unterschiedlicher Eifel-Partner sorgen wird.

Woher kommt der starke Eifelbezug des Mannes, der die Eifel einmal als „wachgeküsstes Dornröschen“ bezeichnet hatte, das auf dem besten Wege sei, sich zu einem Prachtexemplar zu entwickeln? Helmut Etschenberg ist gebürtiger Aachener, lebt aber seit 31 Jahren in Monschau. Aber die Familie hatte seit jeher eine enge Eifelbindung. Die Mutter kam aus Miescheid in der heutigen Gemeinde Hellenthal (Kreis Euskirchen). Helmut Etschenberg und sein Bruder waren in den Ferien sehr oft bei der Großmutter auf dem Bauernhof in Miescheid.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse dort waren, wie auch zu Hause in der eigenen Familie in Aachen, nicht die besten, aber man entwickelte im ausbleibenden Überfluss ein Wertekostüm und lernte soziale Verantwortung, man hielt zusammen. Das hat sich bis heute gehalten.  Helmut Etschenberg  engagierte und engagiert  sich „nebenbei“ auch für soziale Projekte und Einrichtungen, so als Monschauer Ortsvereinsvorsitzender des Roten Kreuzes, Kuratoriumsmitglied des Maria-Hilf-Stiftes in Monschau und vieles mehr.

Etschenberg besuchte bei Ferienaufenthalten in der Eifel zeitweise die einklassige Volkschule in Miescheid, spielte und arbeitete mit den Dorfkindern nach den Kriegsjahren auf dem Feld und erfuhr den Reichtum des Landes gegenüber der Stadt bei Kartoffelernten und Hausschlachtungen, wenn er von dem Überfluss mit in die Dom- und Kaiserstadt Aachen nehmen konnte.

 

Selbst ein Bild von Armut und Zerrissenheit gemacht

Wenn der Bus dann auf der Ramscheider Höhe am Schlagbaum nach Belgien gestoppt und gefilzt wurde, erlebte der junge Helmut Etschenberg früh und nachdrücklich die territoriale Zerrissenheit der Eifel. Für ihn ist es noch heute ein ganz anderes Gefühl, über die unsichtbare grüne Grenze zu seinen Gefährten in der Zukunftsinitiative Eifel nach Eupen oder St. Vith zu fahren, wie für jüngere Zeitgenossen, die die scharf bewachten Grenzübergänge und Zollstreifen im deutsch-belgischen Grenzgebiet nie erlebten.

Bei seinen Besuchen bei Oma, Vettern und Cousinen im Hellenthaler Höhengebiet lernte Helmut Etschenberg auch die Schönheit der Eifeler Natur und die Faszination der Landschaft während der Jahreszeiten kennen und lieben. „Es ist auch dieser Zauber, der mich bis heute nicht losgelassen hat“, berichtet der Städteregionsrat und ZIE-Präsident. Eine Bindung an den Landstrich entstand, die ihn nebenbei auch davor bewahrt hat, einzustimmen, wenn irgendwo über die Eifel und die Eifeler hergehalten wurde.

„Wer die Eifel nach vorne bringen will, der muss schon einen langen Atem mitbringen“, erfuhr der 66-Jährige während seiner gesamten Laufbahn. Ihm sind auf dem Weg Arroganz und Geringschätzigkeit begegnet, aber auch viele Menschen, die gemeinsam für die Eifel eintreten. Insgeheim nahm er sich vor, das Image der Eifel solle sich ins Gegenteil verkehren, und er selbst wollte daran mitwirken.

Dass der Tourismus die entscheidende „Stellschraube“ werden würde, ahnte er früh. Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts hob Helmut Etschenberg gemeinsam mit den Stadt- und Gemeindedirektorkollegen Armin Ahrendt (Bad Münstereifel) und Hans Henn (Blankenheim) von Monschau aus das „Euro Ferienland Eifel“ aus der Taufe.

Der damalige Kölner Regierungspräsident Dr. Franz-Josef Antwerpes ermutigte die Troika, aus diesem „Nest“, dem „Euro Ferienland Eifel“, die Touristik-Agentur Eifel zunächst mit Sitz in Bad Münstereifel und später in Prüm zu entwickeln.

Helmut Etschenberg wurde ihr Vorsitzender, initiierte mit dem Bitburg-Prümer Landrat Roger Graef den länderübergreifenden Zusammenschluss der Agentur mit Rheinland-Pfalz und blieb Chef des Agenturvorstands bis vor zwei Jahren, als er den Platz auf der Brücke neben dem hochgelobten Tourismus-Lotsen Klaus Schäfer für den Dürener Landrat und ZIE-Mitstreiter Wolfgang Spelthahn freimachte.
Und wo steht Helmut Etschenberg in zehn Jahren?

Dass Helmut Etschenberg bei seinem Eintritt für die Eifel stets Augenmaß und Fingerspitzengefühl bewiesen hat, sei an einem  Beispiel exemplarisch erzählt. „Wir waren faktisch pleite damals“, berichtet der 66-Jährige im Interview aus der Zeit des Zusammenschlusses zweier Tourismus-Agenturen in NRW und Rheinland-Pfalz: „Die Rheinland-Pfälzer waren außerdem viel weiter als wir.“ Gleichwohl handelten er und Roger Graef ein Beitragskonstrukt aus, das die gemeinsamen Tourismusbemühungen stützte und förderte, ohne Austritte von Betrieben zu provozieren.

Was ihm hoffentlich auch beim Zusammenhalt der Zukunftsinitiative Eifel zugutekommt, ist Helmut Etschenbergs Fähigkeit, Menschen zu fordern und zu fördern – und ihre Talente für diesen oder jenen Einsatz zu erkennen. Helmut Etschenberg: „Ich habe eine gute Gabe mitbekommen, nämlich Menschen zusammenzubringen und zu motivieren.“

Das tut er mit vollem Engagement auch in der Städteregion Aachen, der er seit Oktober 2009 als erster gewählter Städteregionsrat vorsteht und die sich – nach zwischenzeitlichen ‚Anlaufschwierigkeiten‘ –  prächtig entwickelt. Helmut Etschenberg ist ein bodenständiger Realist. Er weiß, dass nur Schlagersänger werbewirksam behaupten können, mit 66 Jahren fange das Leben erst an. Helmut Etschenberg ist 66. Wie also sehen seine Zukunftspläne aus?

Vor einigen Jahren wurde er in einem anderen Interview gefragt: „Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?“ Der amtierende Kuratoriumsvorsitzende der Zukunftsinitiative Eifel und Städteregionsrat antwortete damals ohne Zögern: „In Südfrankreich.“ Zehn Jahre ist das noch nicht her, aber die Zukunftsperspektiven Etschenbergs haben sich gewandelt.

Nein, der Frankophile aus Aachen mit starken Eifelambitionen will nicht mehr dauerhaft nach Südfrankreich ziehen, nur noch temporär für die Dauer vielleicht mit dem Alter länger werdender Urlaube. Zu Hause sein will er in der Eifel – in Monschau, an der Seite seiner Frau Anita, in Kontakt mit seinen beiden Kindern und vor allen Dingen den beiden Enkeltöchtern, „in meiner Oase des Friedens“, wie er sein Refugium nennt.

Ansonsten denkt der 66-Jährige noch nicht ans Aufhören. „Meine Aufgabe macht mir große Freude und der liebe Gott hat mir eine gute Gesundheit geschenkt“, so Etschenberg, der bis 2015 gewählt ist. „Was nach 2015 geschieht werde ich nicht heute und nicht morgen, sondern zu gegebener Zeit entscheiden“, so Etschenberg weiter. Aber, wenn er eines gelernt habe, dann: „Sag niemals nie!“

Mit dem ihm eigenen Elan wird er sich auch dem Thema Eifel weiterhin widmen. Auch wenn er „schon ein bisschen enttäuscht ist“ über allzu erlahmte Weggefährten in der Zukunftsinitiative Eifel, so gibt er auch auf diesem Feld seine eifelweiten Bemühungen nicht verloren: „Meine Amtszeit währt drei Jahre, diese Zeit will ich nutzen. Und vielleicht hilft dieses Interview, nochmals neuen Schwung in die ZIE zu bringen‘.“

pp/Agentur ProfiPress