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„Den Böllke“ mit Respekt gegrüßt

Schlichter Eckard Böhlke nach drei Jahrzehnten aus dem Schiedsamt verabschiedet

War 30 Jahre lang Schiedsmann: Eckhard Böhlke (2.v.l.), bei seiner Verabschiedung mit (v.l.) Renate Tillmann, Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick und Fachbereichsleiter Johannes Schnichels. Foto: Renate Hotse/pp/Agentur ProfiPress

Mechernich – An seinen ersten Fall als Schiedsmann erinnert sich Eckard Böhlke noch ganz genau. „Da habe ich die Verhandlungen unter Polizeischutz geführt“, erzählt er schmunzelnd. Der Grund: Während Böhlke sechs an einer Schlägerei beteiligte Raufbrüder vernahm, setzte derweil ein Dutzend geladener Augenzeugen die Prügelei auf dem Flur vor seinem Büro im Mechernicher Rathaus fort. In zwei Streifenwagen rückten die Polizisten an, damit Böhlke unter den Streithähnen schlichten konnte. „Schlägereien waren früher Usus und nach jeder Kirmes obligat“, blickt der altgediente Schlichter zurück. 30 Jahre lang übte er das Ehrenamt aus, mit dem Erlebten könnte er ein Buch füllen. Jetzt verabschiedete Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick den 69-Jährigen im Beisein von Fachbereichsleiter Ordnungswesen Johannes Schnichels und Mitarbeiterin Renate Tillmann aus den Diensten des Schiedsamtes.

„Ich mache alles 30 Jahre lang“, witzelte Böhlke. Denn ebenfalls drei Jahrzehnte lang gehörte er für die Sozialdemokraten dem Mechernicher Stadtrat an, und in diesem Jahr blickt er auf eine 30-jährige Unternehmertätigkeit zurück. Wobei für Letztere noch kein Ende in Sicht sei: „Noch sind meine Söhne froh, dass ich da bin.“

Als Schiedsmann erhielt er mehr Einblicke, als manchen Bürgern lieb war. „Ich weiß, wer in Mechernich mit wem Streit hat. Das ist nicht jedem angenehm.“ Unter anderem habe das dazu geführt, dass man „den Böllke“ (Böhlke: „Böööhlke sagt in der Eifel kein Mensch“) respektvoll gegrüßt habe. Anfangs wusste aber noch nicht jeder von seinem Ehrenamt. Als er einmal einen seiner Klienten angerufen und auf den Streitfall angesprochen habe, habe der ihn angeblafft: „Woher weißt Du das?“

Ein anderer Fall bringt ihn heute noch zum Lachen. Eine ältere Frau, die eine Nachbarin beleidigt hatte, erschien mit ihrem Ehemann. Immer wenn die Frau zum Reden ansetzte, unterbrach der Gatte sie: „Jertrud, du sääs nüüs!“ Nach etlichen Versuchen, seine Frau an ihrer Aussage zu hindern, gab er entnervt auf, schlug mit dem Gehstock auf Böhlkes Schreibtisch und rief: „Jertrud, ich kann nie mieh. Leech e Jeständnis ab!“

Die Anlässe, die Streithähne zu ihm geführt haben, hätten sich im Laufe der Zeit gewandelt. Schlägereien gebe es weniger, Grundstücksstreitigkeiten und Beleidigungen dafür umso mehr. Seine Bemühungen, die zerstrittenen Parteien zur gütlichen Einigung zu bewegen, waren so häufig von Erfolg gekrönt, dass ihn einer der  Amtsgerichtsdirektoren, mit denen Böhlke seit 1983 zu tun hatte, sogar die Mitteilung machte, dass er die höchste Schlichtungsrate in Nordrhein-Westfalen erzielt habe. Hilfreich waren dabei zwei Eigenschaften, die ihm Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick attestierte: Durchsetzungsvermögen und Schlagfertigkeit. Darüber hinaus sei er ein Mensch, der nie raste und der viele Ideen habe, so Schick.

Die nötige Lebenserfahrung, die das Amt des Schiedsmannes erfordert, sammelte Böhlke schon in jungen Jahren. Als Kleinkind mit der Mutter aus Pommern vertrieben, kam er als Flüchtlingskind nach Mechernich. „Ich musste schon als Kind kämpfen“, erinnert er sich an den schwierigen Neuanfang. Zunächst bei einem Bauern in Bergheim untergebracht, seien seine Mutter und er kurz darauf in der „Bärenschweiz“ gelandet, dem verrufenen Areal im Mühlental, auf dem viele Jahre lang Asylbewerber in ihren Unterkünften lebten. Mit großer Hochachtung spricht Böhlke von seiner Mutter, die es mit harter Arbeit geschafft habe, ein Haus im Rosengraben zu kaufen. Dort habe er als 14-Jähriger den Betonboden gegossen. Schon früh habe er als Kind Geld verdienen müssen, unter anderem als Helfer bei der Kartoffelernte. Nachdem er bei der Post seine Lehre absolviert und einige Zeit als Briefträger gearbeitet hatte, wechselte er im Alter von 18 Jahren zur Polizei und arbeitete nebenbei in einem Steinbruch bei Harzheim. „Da habe ich Steine sortiert und dreimal mehr Geld verdient als im Polizeidienst.“

Mit einem Geschenk bedankte sich Bürgermeister Schick, bei Böhlke, der für ihn auch politischer Wegbegleiter gewesen sei. Böhlkes Nachfolger wird der 1951 geborene Agrarwissenschaftler Dr. Hermann-Josef Schnorrenberg aus Weyer. Der Vater zweier erwachsener Kinder war als Betriebsleiter in der Futtermittelbranche tätig und bereitet sich derzeit auf seinen Ruhestand vor.

pp/Agentur ProfiPress